Ein erschütterndes Schicksal

Traben-Trarbach · Die ungeheuerliche Tat bewegte die ganze Republik. Am 24. Januar tötete in Saarlouis-Roden (Saarland) ein Mann Ehefrau, Sohn und Stieftochter. Ein Stiefsohn überlebte, weil er sich zu der Tatzeit in seiner Wohnung in Traben-Trarbach aufhielt. Wir sprachen mit dem 18-Jährigen über dieses unfassbare Geschehen.

Vor einem Jahr feierte Sven das Weihnachtsfest im Kreise seiner Familie in Saarlouis-Roden. Bei seinen Großeltern kommt stets die Familie zusammen - Onkel und Tanten, seine Mutter und seine Geschwister. In diesem Jahr wird Sven wieder zu seinen Großeltern reisen. Seine Mutter wird fehlen, ebenso seine Schwester Sabrina und sein Halbbruder Jordan. Sein Stiefvater sitzt im Gefängnis - verurteilt zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Er hat am Samstag, 24. Januar, dieses Jahres fast die ganze Familie ausgelöscht. Die Ehefrau erschlug der Kraftfahrer mit einer Axt, die damals 20-jährige Stieftochter Sabrina, die sich heftig wehrte, tötete er mit Messerstichen in Hals und Brust, den kleinen sechsjährigen gemeinsamen Sohn Jordan brachte er ebenfalls um. Ein weiterer dreijähriger Sohn des Ehepaares blieb unverletzt.

Sven ist 18 Jahre alt. Er sagt nicht viel, er ist in sich gekehrt und traurig. In Traben-Trarbach lebt er in einer kleinen Wohnung. Er wird vom Jugendamt betreut. Als Zwölfjähriger kam er in den Jugendhof Martin-Luther-King in Traben-Trarbach. Auf der Schule im Saarland kam er nicht zurecht, er schwänzte oft. Sein Stiefvater wollte, dass Sven die Familie verlässt. Er wollte auch seine Stieftochter Sabrina aus der Familie drängen. Für kurze Zeit lebte sie bei einem Freund, kam später aber wieder zurück.

Der kleine Jordan war ein gemeinsamer Sohn von Svens Stiefvater und Svens Mutter. Die Vaterschaft zweifelte er aber an. "Ich habe Hass auf meinen Stiefvater", sagt Sven leise. Sven trat vor Gericht als Nebenkläger gegen ihn auf. Einmal hat er ihn vor Gericht noch gesehen. Svens Rechtsanwalt Andreas Bogner ist ob der unglaublichen Brutalität, mit der der Mörder vorging, erschüttert. Erschüttert auch, weil er vor Gericht keine Reue zeigte. Bogner: "Im Nachhinein lief das Ganze wie ein Drehbuch ab, nur hat vorher niemand mit so etwas gerechnet."

Sven erzählt vom 40. Geburtstag seiner Mutter. Da sagte sein Stiefvater: "Irgendwann hänge ich euch alle an einem Baum auf. Dann besaufe ich mich und kriege nur fünf Jahre." Laut Bogner soll er im Gefängnis zu einem Mithäftling gesagt haben: "Ich hätte besser gewartet, bis der Sven auch im Haus gewesen wäre."

Sven war am 24. Januar im Jugendhof Wolf. Eigentlich wollte er an dem Wochenende zu seiner Familie fahren, doch er hatte sich für den Samstag mit Schwester Sabrina in Trier verabredet. Freitagabends schickte er ihr noch eine E-Mail. Samstags rief er mehrmals zu Hause an, doch niemand ging ans Telefon. Auch seine Tante rief er in Saarlouis-Roden an. Am späten Abend finden die Tante und ihr Mann die drei Mordopfer. Nachts gegen 2 Uhr erhält Sven einen Anruf - von der Tochter einer Freundin seiner Mutter, die er gut kennt. Sie sagt unter anderem die unfassbaren Worte: "Die haben alle den Kopf ab." Sven denkt an einen üblen Scherz. Kurze Zeit später klopfen Polizisten an seiner Tür.

Sven sagt nicht viel über seinen Stiefvater. "Er war mal nett, dann frech. Er konnte sich von einer Minute zur nächsten total verändern." Rechtsanwalt Bogner, der ihn vor Gericht oft gesehen und gehört hat: "Ich konnte diesen Menschen nicht durchschauen." Ein Mann mit zwei Gesichtern sei er gewesen - einer, der denkt, ich bringe das Geld nach Hause und werde nur ausgenutzt. Dass ein Mensch dann zu einer solchen Gewaltorgie fähig ist, kann Bogner nicht begreifen.

Sven hat im Jugendhof seinen Hauptschulabschluss gemacht. Er absolviert derzeit eine Lehre als Bodenleger. In der Schule und im Lehrbetrieb kommt er gut zurecht. Bogner: "Ich bin guter Hoffnung, dass Sven beruflich und persönlich seinen Weg machen wird."

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