Ein paar Aufrechte halten noch die Stellung

Bernkastel-Kues · Obst, Gemüse, Eier, Honig, Biogemüse und Nähbedarf: Dieses recht unterschiedliche Sortiment bietet der Wochenmarkt in Bernkastel-Kues. Am Anfang war das Sortiment wesentlich umfangreicher. Mittlerweile ist es am ehemaligen Kueser Bahnhof überschaubar. Die verbliebenen Standbetreiber wollen aber auch weiterhin ihre Waren anbieten.

Bernkastel-Kues. Es sieht gemütlich aus auf dem Bernkastel-Kueser Wochenmarkt. Renate Schwab sitzt bei schönem Frühlingswetter auf einem Campingstuhl und lässt die Stricknadeln klappern. Die Produkte ihrer Handarbeit, bunte Wollsocken, bietet sie auf dem Tisch nebendran an.
Neben ihr wartet Gisela Auler-Licht aus Wintrich auf Kundschaft. Ihre Leidenschaft ist das Einkochen von Marmelade. Dabei gibt es ausgefallene Sorten wie Erdbeer-Sekt oder Löwenzahn. Yvonne Wittal verkauft Eier und Christel Bollig betreibt den Stand von Hermann-Josef Petry mit Obst und Gemüse.
Interesse hat nachgelassen


"Normalerweise sind wir mehr", sagt Auler-Licht. Ein Biobauer, ein Anbieter von Nähzubehör und ein Imker, der Honig und Met anbietet, seien in der Regel noch dabei. Doch alle Beteiligten wären froh, wenn sie noch mehr Stände hier hätten. Denn so hatte es mit dem Wochenmarkt auch vor zwei Jahren nach vierjähriger Pause angefangen.
Ungefähr zehn Händler kamen regelmäßig. Und auch die Kunden kamen in Scharen, kauften die Stände quasi leer. Zumindest am Anfang. Doch dann ließ das Interesse der Kunden, und auch einiger Händler sehr schnell nach. "Einige haben wieder aufgehört, weil sie wohl nicht genug verdient haben", vermutet Renate Schwab. Es entwickelte sich ein Kreislauf: weniger Händler, weniger Kunden. Und es fehlten auch die besonderen Angebote.
Und auch an diesem Samstag haben die vier Damen viel Zeit für ein Schwätzchen. Kunden kommen nur vereinzelt. Eine von ihnen ist Mechthild Weber. Sie ist an diesem Tag zufällig in Bernkastel-Kues beim Markt. "Der Markt könnte vielfältiger sein", findet sie.
Sie vermisst zum Beispiel eine Bäckerei. Andere vermissen den Geflügelhändler und ein türkisch-griechisches Angebot (Oliven, Schafskäse etc.). Ein Bäcker soll nach Aussagen der Standbetreiber noch kommen. Zumindest gibt es wohl Gespräche. Ob dann aber noch mehr Kunden kommen, bleibt dennoch fraglich. Denn beworben wird der Markt von der Stadt nicht mehr.
"Wir würden bei den Touristen zu große Erwartungen wecken", sagt Stadtbürgermeister Wolfgang Port. Wenn mit einem Wochenmarkt geworben würde, sei die Enttäuschung programmiert, wenn es sich dabei nur um so ein kleines Angebot handele. Er selbst wäre auch froh, wenn sich weitere Standbetreiber finden ließen. Die vier Damen vom Wochenmarkt aber wollen nicht aufgeben. "Wir halten durch, egal was kommt", sagen sie übereinstimmend.
Meinung

Markt verdient Bezeichnung nicht
Vor den verbliebenen Marktbeschickern muss man den Hut ziehen. Vielleicht sind sie schon eine verschworene Gemeinschaft geworden, die den Samstagmorgen am ehemaligen Kueser Bahnhof nicht mehr missen möchte. Aber im Ernst: Der Wochenmarkt hat diese Bezeichnung nicht mehr verdient. Dass die Stadt ihn nicht mehr bewirbt, spricht Bände. Es fehlt ein Frequenzbringer. In Wittlich ist dies beispielsweise der Geflügelhändler. Doch der ist ausgelastet. Nur mit Obst, Gemüse, Eiern und Honig ist kein großes Geschäft zu machen. Dafür ist die Infrastruktur in Bernkastel-Kues noch zu gut. Und nur um ein Schwätzchen zu halten, nimmt auch niemand den Weg auf sich. Vor der Wiedereröffnung war von einem letzten Versuch die Rede, die Markttradition zu erhalten. Er ist misslungen. Schade! c.beckmann@volksfreund.de

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