Ein römischer Gott sorgt für Streit im Dorf

KINHEIM. In der Gemeinde Kinheim ist ein seltsamer Streit entbrannt. Die "Sucellus-Freunde" wollen eine überdimensionale selbst angefertigte Figur des Sucellus am Moselufer Kindel aufstellen. Die Gemeinde hat aber Vorbehalte. Offensichtlich spielen Rivalitäten zwi schen Kinheim und dem Orts teil Kindel dabei eine Rolle.

Fast 2000 Jahre schlummerte die steinerne Figur, die den gallo-römischen Gott Sucellus darstellt, im Erdreich des Kinheimer Ortsteils Kindel. 1976 brachte ein Bagger bei Flurbereinigungsarbeiten die Figur ans Tageslicht. Für Archäologen war es einer der spektakulärsten Funde, stellt die 82 Zentimeter große antike Figur doch Sucellus, den Gott der Winzer und Weinküfer dar. Das wertvolle Fundstück wanderte ins Landesmuseum Trier, in Kinheim schien man den Fund danach wieder vergessen zu haben. Bis die Karnevalsfreunde Kinheim sich des Sucellus wieder annahmen. Im vergangenen Jahr bauten sie die Figur nach und gestalteten damit einen prächtigen Karnevalswagen. Sucellus, über zwei Meter groß, aus Hartplastik gefertigt, grüßte vom Prunkwagen die Kinheimer Narren. Die Wagenbauer wollten mit dem Thema auch einen Anstoß geben: Kinheim muss mit Sucellus für den Weinort werben. Die Karnevalisten - einige von ihnen inzwischen Sucellusfreunde geworden - hatten nun aber noch größeres mit ihrem Plastik-Sucellus vor. Sie schmiedeten Pläne, machten Zeichnungen und kamen zu dem Ergebnis: Die Figur sollte am Kindeler Moselufer aufgestellt werden, daneben eine Werbetafel für die Kinheim-Kindeler Winzer- und Gastronomiebetriebe. Die Sucellus-Freunde, an vorderster Front Franz-Josef Rieth und Burkhard Kullik nahmen auch Kontakt mit Dr. Karl-Josef Gilles vom rheinischen Landesmuseum Trier auf. Der fand die Idee, Sucellus im Ort des Fundes mit einem Denkmal zu würdigen, grundsätzlich gut. Gilles gegenüber dem TV : "Dieser Fund ist für mich ein bedeutenderes Denkmal des römischen Weinbaus als das Neumagener Weinschiff." Die Sucellus-Freunde hatten inzwischen ihren Vorschlag, die Figur am Kindeler Moselufer aufzustellen, in den Kinheimer Gemeinderat eingebracht. Dieser stimmte im Sommer einstimmig zu. Danach kamen den Ratsmitgliedern aber wohl Zweifel, ob diese Figur denn wirklich eine Bereicherung für den Ort sei. Über zwei Meter groß, aus Plastik, umgeben von einer Glaseinfassung und daneben eine rustikale Holz-Werbetafel...Historiker will lieber etwas "Vernünftiges"

Weil für die Aufstellung der Werbetafel eine Baugenehmigung erforderlich ist, musste über das Thema erneut im Rat abgestimmt werden. Diesmal ging das Votum nicht so reibungslos über die Bühne. Der Beschluss von Anfang Januar: Über den Standort soll erst in der nächsten Ratssitzung beraten werden. Außerdem: Die Figur sollte maximal doppelt so groß sein wie das Original, also etwa 1,60 Meter, aus einem Steinblock gemeißelt werden oder als Abdruck aus einem witterungsfesten Material bestehen. Dr. Karl-Josef Gilles, der ebenfalls an der Sitzung teilnahm, erläutert seine Vorstellung gegenüber dem TV : "Wenn man etwas macht, sollte man auch etwas Vernünftiges machen. Man sollte nichts aufstellen, was man später vielleicht bereut." Die Sucellus-Freunde reagierten erbost. Burkhard Kullik: "Eine kleine Gruppe um den ersten Beigeordneten Wilfried Servatius und Bürgermeister Willy Mathy hat es geschafft im Gemeinderat eine Situation herbeizuführen, die zu einem Abbruch der Bemühungen der Sucellus-Freunde führt. Für Kullik bedeutet der jüngste Ratsbeschluss nämlich das Aus für das Projekt. Wenn die Figur aus Stein gehauen werden muss, würde sie rund 30 000 Euro kosten, hat er errechnet.Einweihungsfest war schon geplant

Die Sucellus-Freunde, offenbar sicher, dass eine "kostenlose Spende" kein Gemeinderat ablehnen könne, hatten bereits, ohne das vorher mit der Gemeinde abzusprechen, für Ostern ein großes Einweihungsfest geplant. Laut Kullik hatte bereits der örtliche Musikverein zugesagt für die Unterhaltung zu sorgen. Kullik vermutet hinter der ablehnenden Haltung des Gemeinderates auch, dass gewisse Personen den Kindelern nichts gönnen. Kullik, der erst seit drei Jahren dauerhaft im Ort wohnt: "Das alles ist durch kleinkarierte Eifersüchteleien der Wadenbeißer und Blockierer von Kinheim verhindert worden." Erster Beigeordneter Wilfried Servatius, der den zurzeit erkrankten Ortsbürgermeister Willy Mathy vertritt, sagt gegenüber dem TV : "Wir können doch keine Fastnachtsfigur im Ort aufstellen. Die Gemeinde ist grundsätzlich dafür, es muss aber etwas Vernünftiges sein." Außerdem wehrt sich Servatius dagegen, dass "einzelne Leute ständig versuchten, ausschließlich den Ortsteil Kindel herauszustellen". Servatius: "Unser Ort heißt Kinheim und nicht Kinheim-Kindel." Die Sucellus-Freunde haben unterdessen alle Aktivitäten beendet und wollen die Figur einem auswärtigen Interessenten überlassen.

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