Eine Aufgabe für die Politiker

ÜRZIG. Welche Arbeit dürfen Hartz IV-Empfänger machen, die sich als Ein-Euro-Jobber verdingen? Diese Diskussion hat nach den Vorkommnissen in Ürzig wieder neue Nahrung bekommen.

"Der Spagat ist äußerst schwer." Dieser Satz war mehrmals zu hören, als es in Ürzig darum ging, welche Arbeiten so genannte Ein-Euro-Jobber verrichten dürfen. Patrick Schenk, ein Ürziger Bürger und Gemeinderatsmitglied hatte Anzeige erstattet, als er drei Männer bei Malerarbeiten an der Schule antraf. Schenk sprach und spricht immer noch von "subventionierter Schwarzarbeit". Etwa 500 Ein-Euro-Jobs im Kreis Bernkastel-Wittlich

Daraufhin mussten alle sieben Hartz IV-Empfänger, die sich in Ürzig als Ein-Euro-Jobber etwas dazuverdienen, ihre Arbeit für zirka zwei Wochen einstellen. Mittlerweile sind die Männer wieder am Werk (der TV berichtete). Im Kreis Bernkastel-Wittlich bessern etwa 500 Hartz IV-Empfänger auf diese Weise ihr Einkommen auf und hoffen auf ein festes Arbeitsverhältnis. Doch diese Hoffnung ist oft trügerisch. Sind Ein-Euro-Jobs überhaupt für dieses Unterfangen geeignet? Nein, sagen Kreishandwerkerschaft, Gewerkschaft und Kirche. Die Politik sei gefordert heißt es. Es müsse richtig Geld in die Hand genommen werden, um einen zusätzlichen Arbeitsmarkt einzurichten, in dem sich Arbeitslose auch wirklich für einen Arbeitsplatz qualifizieren. Das sagen Hans Casel (Bistum Trier), der die "Aktion Arbeit" betreut, und Karl Heinz Päulgen, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Region Trier. Langzeitarbeitslosen müssten Angebote gemacht werden, damit sie sich beruflich für den "normalen Arbeitsmarkt" qualifizieren können, fordert Päulgen. Die Ein-Euro-Jobs seien dafür ungeeignet. "Doch so lange es keine besseren Instrumente gibt, werden wir damit leben müssen", sagt Hans Casel. So lange dies so sei, müssten sich die Verantwortlichen genau an die Vorschriften halten, damit die heimische Wirtschaft keinen Nachteil habe, sagt Päulgen. Zwei Punkte hebt er dabei hervor: Die Arbeit muss dem Gemeinwohl dienen, und es muss Arbeit sein, die sonst nicht gemacht wird. Doch wo wird die Grenze gezogen? Die Schule in Ürzig wäre wahrscheinlich nicht gestrichen worden, wenn die Gemeinde dies nicht initiiert hätte. Und was ist Gemeinwohl? Eine öffentliche Grünfläche kann eine Firma pflegen aber auch ein Ein-Euro-Jobber. Auch Peter Karst, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, weiß um die Problematik. Es gebe zum Beispiel Ein-Euro-Jobber bei Verbänden (Caritas, Rotes Kreuz, etc.) und im Überbetrieblichen Ausbildungszentrum. Dort werde auch Weiterbildung geboten. Hier liege die Vermittlungsquote in richtige Arbeitsverhältnisse bei 40 Prozent. Bei Leuten, die in den Gemeinden arbeiten, sei die Quote gering. Karst: "Sie liegt unter zehn Prozent." Er plädiert auch dafür, die Leute in den "ersten Arbeitsmarkt" zu integrieren. Immerhin überlegt Arno Simon, Ortsbürgermeister von Ürzig, ob es möglich ist, zumindest einen der sieben Ein-Euro-Jobber mittelfristig als Gemeindearbeiter einzustellen. Ratsmitglieder sammeln für Verdienstausfall

Peter Karst ist ein Gegner von Kontrollen. "Ich setzte mehr auf die Selbstverantwortung der Menschen", sagt er. Die meisten Verwaltungen seien sich der Verantwortung bewusst. "Zweifelhafte Fälle sollen aber gemeldet werden", fordert er. Klagen aus der Handwerkerschaft über unliebsame Konkurrenz gebe es. Sie hielten sich aber noch in Grenzen. Karsts Kriterium für die Arbeit der Ein-Euro-Jobber sieht so aus: Sie dürfen nur Tätigkeiten verrichten, bei denen die Gemeinden kein Geld sparen. Wer sich in finanzschwachen Gemeinden umhört, merkt aber schnell, dass gerade dies ein Grund ist, um Ein-Euro-Jobber einzustellen. Fast alle Ürziger Gemeinderatsmitglieder haben sich übrigens mit den sieben Ein-Euro-Jobber solidarisch erklärt. Sie sammelten Geld, um den Verdienstausfall der sieben Ein-Euro-Jobber während der zwei Wochen zu kompensieren.

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