Eine Fahrt nach Wehlen und die Folgen

REIL. Ein Winzer aus Reil ist verärgert: Er fährt im Sommer und Herbst Gäste mit einem Planwagen durch die Weinberge. Dafür hat er sich eigens einen teuren Anhänger bauen lassen und dafür alle erforderlichen Genehmigungen eingeholt. Doch die Kreisverwaltung schrieb ihn jetzt an und droht ihm mit einem Bußgeld. Grund: Er habe ohne die erforderliche Genehmigung Personen befördert.

Peter Börker weiß, was seine Weinkunden lieben: neben dem guten Moselwein auch die malerische Landschaft. Und was gibt es Schöneres, als diese Landschaft zu betrachten und gleichzeitig ein Gläschen Wein zu genießen? Wie viele seiner Berufskollegen fährt er daher mit einem Planwagen, angehängt an den Schlepper, durch die Weinberge. Am Sonntag, 15. Januar, war er mit dem Gefährt auch unterwegs. 20 Berufskollegen hatten er "aufgeladen", um sich den Zustand der Weinberge im Raum Mittelmosel anzusehen. Pech für Börker, dass ein eifriger Mitarbeiter der Kreisverwaltung dies sah und zwar, wie er in der Ordnungswidrigkeitsanzeige schrieb, "um 14.40 Uhr, in der Gemarkung Bernkastel-Kues-Wehlen, B 53, Zeltinger Kreisel, aus Richtung Kloster Machern kommend. Bereits drei Tage nach der Fahrt erhielt Börker das entsprechende Schreiben von der Kreisverwaltung. Der Vorwurf: Er habe mit seiner landwirtschaftlichen Zugmaschine, Fabrikat Klöckner-Humboldt-Deutz, und dem angehängten Planwagen Personen befördert, ohne die erforderliche Genehmigung zu besitzen. Er habe unter anderem gegen die Paragrafen 1, 2 Abs. 1 Nr. 4, 46 und 61 Abs. 1 Personenbeförderungsgesetz verstoßen. Außerdem habe er entgegen den Paragrafen 21 Abs. 2 und 49 der Straßenverkehrsordnung Personen auf dem Anhänger befördert, ohne dass ein land- oder forstwirtschaftlicher Zweck vorgelegen habe. Dabei hatte Börker gedacht, er habe alles richtig gemacht. Börker hat nämlich einen Anhänger bauen lassen, der bezüglich Sicherheitsvorkehrungen nichts zu wünschen übrig lässt. Im Gegensatz zu manchen seiner Berufskollegen, die teilweise mit selbst gezimmerten Anhängern weinselige Touristen durch die Steillagen kutschieren, hat Börker seinen Anhänger von der Firma CTR-Fahrzeuge in Osann-Monzel bauen lassen. Börker: "Es ist der erste seiner Bauart, und er wurde in das Geschmacksmusterregister eingetragen." Der Anhänger wurde mit TÜV, Ausnahmegenehmigung und Versicherung bei der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich zugelassen. Der Anhänger hat zwei Achsen, eine Druckluftbremse, die Sitzanordnung ist wie bei Reisebussen in Fahrtrichtung, das Gefährt hat einen Feuerlöscher, eine gelbe Rundum-Leuchte am Heck und wird zweimal im Jahr dem TÜV vorgestellt. Börker hat sogar den Bus-Führerschein gemacht, um ganz auf der sicheren Seite zu sein. Und er hält penibel die Vorschrift ein, dass der Traktor leer so viel wiegen muss, wie der Anhänger, wenn dieser voll besetzt ist.Fahrt war keine "Brauchtumsveranstaltung"

Für den Anhänger besitzt Börker einen Fahrzeugschein, der Anhänger hat ein eigenes Kennzeichen, es liegen eine Zulässigkeitsbescheinigung des TÜV und ein spezieller Versicherungsschein vor. Doch Börker war offensichtlich mit seinem Anhänger am 15. Januar am falschen Ort. Denn laut Kreisverwaltung ist die Beförderung von Personen mit landwirtschaftlichen Zugmaschinen "nur im Rahmen der Zweiten Verordnung über Ausnahmen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften" zulässig. Dabei müsse es sich um eine so genannte Brauchtumsveranstaltung handeln. Weinbergs- und Felderrundfahrten fallen, so die Kreisverwaltung in ihrer Antwort auf eine Anfrage des TV, auch unter diesen Begriff, allerdings nur dann, wenn die Fahrten kostenlos angeboten werden. Außerdem, und das ist in diesem Fall der springende Punkt: Die Fahrten müssen in der Gemarkung des Wohnortes beziehungsweise einer angrenzenden Gemarkung und überwiegend außerhalb klassifizierter Straßen durchgeführt werden. Dafür bedarf es wiederum einer Erlaubnis der VG-Verwaltung. Fazit: Fahrten auf klassifizierten Straßen und Fahrten gegen Entgelt mit Zugmaschinen und Anhänger seien grundsätzlich nicht zulässig. Und: Bei der am 15. Januar von Börker in der Gemarkung Wehlen durchgeführten Fahrt handele es sich nicht um eine Fahrt im Sinne einer Brauchtumsveranstaltung. Börker kann nach diesem Wust an Vorschriften und Paragrafen die Welt nicht mehr verstehen: Er habe doch eine unentgeltliche Felderrundfahrt mit einem absolut sicheren und strengstens geprüften Fahrzeug am besagten Tag gemacht. Inzwischen hat er den liberalen Wirtschaftsminister Bauckhage angeschrieben und bittet um Einsicht. In dem Brief heißt es: "Sehr geehrter Herr Minister, was darf ich, was nicht, und wie weit darf ich mit dem Planwagen bei Felderrundfahrten fahren? Die Antwort aus Mainz steht noch aus.

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