Eine Handballergemeinde mit Traditionen

KLEINICH. Ein Bericht über Kleinich ist einer über eine Gemeinde, die sich 1974 aus acht Dörfern zusammengeschlossen hat. Ein Verbund, der seinen Bürgern Lebensqualität und eine gute Infrastruktur zu bieten hat - aber auch einen Flughafen in unmittelbarer Nähe.

Seit 30 Jahren gibt es die Gemeinde Kleinich mit den Dörfern Emmeroth, Fronhofen, Götzeroth, Ilsbach, Kleinich, Oberkleinich, Pilmeroth und Thalkleinich. Rund ein Drittel der 760 Bürger wohnt in dem namensgebenden Ortsbezirk mit seiner malerischen Kirche und der Stumm-Orgel, der auch wegen der Hirtenfeldhalle weit über seine Grenzen bekannt ist - ein Verdienst des Handball-Regionalligisten HSG Irmenach/Kleinich/Horbruch. Daneben findet das im Kirchspiel gepflegte Brauchtum viel Beachtung und ist auch bei der zehnjährigen Marlies Weber fest eingeplant. "Die Mädchen machen die Pfingstkrone, die Jungen die Osterbahn", erklärt sie die Pflichten. Die machen aber ihr und ihrem achtjährigen Bruder Mario ebenso Spaß wie Handball, Musikunterricht und das Herumtoben auf Sport- und Spielplätzen oder in der Natur. Das Gleiche gilt fürs Fastnachtssingen, bei dem sie Speck und Eier bekommen, aus denen die Mütter für sie Rühreier machen. Nur werden dazu heute auch Pommes gebrutzelt, wie Ute Weber einräumt. Ein anderer Leckerbissen ist das Brot aus dem Dorf eigenen Backes, der alle vier Wochen in Betrieb ist. "Das ist noch richtiges, gutes Hunsrücker Brot", schwärmt ihr Ehemann Andreas. Weniger gut findet er, dass die älteren Schüler täglich einen Schulweg von zwei Stunden haben, was vorher mit Kindergarten und Grundschule im Ort kein Thema war. Auch die Schließung des Hallenbads sei schade. "Es hat noch keiner gesagt, dass es aus ist. Aber es tut sich auch nichts", stellt Ute Weber fest. Sofern es bei der Schließung bleibt, steht für die Kinder nur der kirchlich betreute Jugendraum zur Verfügung. Die Erwachsenen haben Gemeindehaus, Gemeindesaal, Dorfgasthäuser, ein Hotel mit Restaurant sowie den Friseur und die Raiffeisenbank. Dafür müssen sie zum Einkaufen meist weiter fahren, da es im Ort nur einen Heim- und Gartenmarkt gibt, der aber Obst, Kartoffeln und Getränke führt. Ein wesentlicher Motor der Gemeinde sind ihre Vereine. Zum Beispiel der Heimat- und Verkehrsverein mit Wanderungen, Theater, Weihnachtsmarkt und Heimatmuseum. Oder der Sportverein mit diversen Angeboten und einem Pfingstsportfest mit Backes-Hähnchen. Der 110-jährige Gesangverein, seit zwei Jahren mit dem Frauenchor verbunden, richtet große Konzerte aus. Hinzu kommen die Aktivitäten von Feuerwehr und Frauenhilfe sowie die der Tänzer vom "Kirchspiel Äggisch", den Damen der Volkstanzgruppe, der Jazz- und Aerobic-Gruppe "2 hot 4 you" und der Kindertanzgruppe. Der Wandel von der reinen Landwirtschaft zu Gewerbe und Handwerk mit 40 bis 50 Arbeitsplätzen war laut Bürgermeister Erich Ströher für die Gemeinde schwierig. Viele große Scheunen stünden leer, weshalb eine davon zur Kulturscheune werden soll. "Unser Problem ist die Nähe zum Flugplatz Hahn", sagt Ströher. Aber damit müssten sie eben leben. Die Nacht-Aktion vor kurzem stimmt ihn daher vor allem traurig: "Die machen sich da einen Spaß, als wenn wir nicht wüssten, was Fluglärm ist." Was aus dem Hallenbad wird, kann er derzeit nicht sagen. Wegen der beanstandeten Wasseraufbereitung rechnet Ströher mit Kosten von 80 000 Euro. "Da stehen wir im Zwiespalt." Dennoch fühlen sich Familien weiter im Ort wohl, was Baulandpreise von 27 Euro für den erschlossen Quadratmeter begünstigen. Von zwölf neuen Grundstücken sind bereits vier bebaut.

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