Eine Idee gerät ins Schwimmen

Kommt nach dem Kopftuch- jetzt ein Schwimmbad-Streit? Nicht alle stehen dem Kurs des PSV Wengerohr für muslimische Frauen positiv gegenüber. Es geht um die Frage der Integration - und wann Angebote über das Ziel hinausschießen.

Wittlich. (neb) Erst ein verhängtes Schwimmbad. Dann getrennte Klassenfahrten. Anschließend die Entfernung bestimmter Bücher aus den Bibliotheken. Nur übertriebene Fantasie oder erschreckendes Zukunftsszenario? Petra Teusch jedenfalls vermutet hinter dem Wunsch muslimischer Frauen nach einem Schwimmkurs hinter Sichtschutz in Wittlich eine Strategie. "Das ist ein Probelauf für die weitere Islamisierung des öffentlichen Raums." Sie ist entsetzt darüber, dass im Maria-Grünewald-Bad regelmäßig die Vorhänge zugezogen werden, damit muslimische Frauen ins Wasser gehen können. Die Wittlicherin, deren behinderte Tochter in der Maria-Grünewald-Einrichtung betreut wird, bringt ihre Empörung deutlich zum Ausdruck: "Es besteht doch die Gefahr, dass eine bestimmte Lesart des Islams, nämlich die radikale, Oberhand bekommt und bestimmt, wie es in Deutschland zu laufen hat." Wolfgang Weber, Kommissarischer Leiter der Maria-Grünewald-Schule, die den Musliminnen das Schwimmbad zur Verfügung stellt, sieht das jedoch ganz anders: "Wir tragen dadurch, dass wir Toleranz üben, doch gerade dazu bei, dass sich keine extremen Formen entwickeln." Die Entscheidung, den Wünschen der Frauen stattzugeben und sie nach ihren Bedürfnissen in einem geschützten Bereich schwimmen zu lassen, sei nach reiflicher Überlegung gefallen. "Wir haben im Vorfeld diskutiert, ob durch den Vorhangstoff vielleicht das Wasser verschmutzt werden könnte", sagt Weber, "ansonsten war es eine Entscheidung dahingehend, dass man mit dem Angebot zur Integration einer Gruppe beiträgt, die es momentan in der Gesellschaft nicht leicht hat." "Attraktives Angebot mit niedrigem Integrationsfaktor"

Genau hier aber sieht Herbert Fischer-Drumm, Polizeipfarrer und Dozent für interkulturelle Kompetenz an der Landespolizeischule, die Schwächen des Kurses: "Das ist zwar ein attraktives Angebot für die muslimischen Frauen - aber mit einem niedrigen Integrationsfaktor." Integration bedeute Interaktion, dieses Angebot rieche eher nach Abschottung. Ähnliches ist - wenn auch versteckt - aus den Worten von Ulrich Jacoby, Pressesprecher der Stadt Wittlich, herauszuhören: "Integration bedeutet Einbeziehung, Eingliederung in ein größeres Ganzes. Inwieweit so spezielle Wünsche und Angebote integrierend oder integrationshemmend wirken, ist je nach persönlicher Einstellung unterschiedlich zu beurteilen." Fischer-Drumm kann dem PSV-Angebot allerdings auch Positives abgewinnen: "Das Schwimmen für Musliminnen kann ein Schritt in die richtige Richtung sein - allerdings im Rahmen eines Weges, der dann in die Normalität führen sollte." Andernfalls drohe eine Art "Nachahmungseffekt": "Das wäre ein Signal an muslimische Schülerinnen, beispielsweise auch im Schwimmunterricht Vorhänge zu verlangen." Wesentlich deutlicher formuliert es Petra Teusch: "Wir fallen doch damit allen liberalen Musliminnen in den Rücken, die sich gegen die Zwangsverschleierung wenden."Die Teilnehmerinnen können die Aufregung um ihren Kurs indes nicht nachvollziehen. "Keiner hat Nachteile dadurch", sagt Beyhan Kahyaolu. "Wir machen das doch nicht, weil wir Extrawürste haben wollen, sondern weil es unsere Religion ist", ergänzt ihre Schwester Fatma Ucar. Noch pragmatischer sieht es Trainerin Tina Teusch, übrigens nicht verwandt mit ihrer Namensvetterin, Kritikerin Petra Teusch: "Wir haben auch Moscheen und türkische Läden. Da gibt es ja auch keine Proteste."

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