Eine Kellerei als Kunstwerk

Die Stadt Traben-Trarbach hat dem großen Architekten Bruno Möhring eine ganze Reihe von imposanten Jugendstilbauten zu verdanken. Möhring baute das Brückentor, das Hotel Bellevue, die Villa Adolph Hues gen und die Villa Breucker. Aber auch Industriebauten verwirklichte er. Dazu gehört das Kellereigebäude Julius Kayser. Es steht jetzt genau 100 Jahre und hat eine bewegte Geschichte hinter sich.

Traben-Trarbach. Um die Jahrhundertwende herrschte in Traben-Trarbach ein unvergleichlicher Bauboom. Die Doppelstadt war in der Kaiserzeit zu der wichtigsten Weinhandelsmetropole Deutschlands aufgestiegen, die Kellereibesitzer verdienten sehr viel Geld, das sie unter anderem in den Bau prächtiger Villen steckten. Von 1906 bis 1907 baute Möhring direkt am Moselufer Trarbach das Kellereigebäude für die Firma Julius Kayser & Co. Die Firma existiert seit Juni 1987 nicht mehr, das Gebäude ist heute im Besitz des Traben-Trarbacher Geschäftsmannes Wolfgang Preuß. Doch Wein und Sekt wird dort immer noch produziert, allerdings im ganz kleinen Rahmen.Ursula Lieser, die das imposante Anwesen von Preuß gemietet hat, betreibt dort eine kleine, feine Sektmanufaktur. Und ihr Mann Klaus veranstaltet seit dem vergangenen Jahr zusammen mit Stefan Mayer im Innenhof der Kellerei Live-Konzerte unter dem Motto "Sommernachtsschwof bei Kayser's". An diesem Wochenende, zum 100-jährigen Bestehen des Gebäudes ist es wieder soweit Am Freitag ab 16 Uhr und am Samstag ab 17 Uhr kann bei Live-Musik bis tief in die Nacht geschwoft werden.

"Aus der Aufgabe erwachsenes Kunstwerk"

Dazu gibt es edle Sekte und Weine und kleine lukullische Genüsse. Die Besucher können dabei auch die Gartenanlage benutzen, die sich auf dem flachen Dach des Kellereigebäudes befindet. Der Dachgarten wird flankiert von zwei runden Ecktürmen, die einst "eine liebliche Umgebung" für Kontor und Probierstube bot.

Die Fachzeitschrift "Berliner Architekturwelt" gab 1911 einen Sonderdruck heraus, der sich ausschließlich mit dem Kellereigebäude Julius Kayser befasst. Dort heißt es unter anderem: "Beinahe burgartig erhebt sich das Haus über einen Sockel aus rauem, geschichteten Bruchsteinmauerwerk und doch ohne Verwendung irgendwelcher nachgemachten Burgmotive Das Ganze ist nicht nur ein außerordentlich sorgsam, bis in alle Einzelheiten durchdachter Bau, mit größter Raumausnutzung und vorzüglicher Übersichtlichkeit, sondern darüber hin aus ein eigenartiges, aus den Bedingungen der Aufgabe folgerichtig erwachsenes Kunstwerk. Trotz gewisser Anlehnung an Motive des Burgbaus macht es durch seine innere Wahrhaftigkeit einen durchaus neuzeitlichen Eindruck, der verstärkt wird durch die charakteristische, echt Möhringsche Durchbildung des Details."

Bis etwa Mitte der 80er-Jahre wurde dort Wein gelagert und gefüllt, dann kam das Ende des einst bedeutenden Unternehmens. Es folgten die unterschiedlichsten Nutzungen. Der Getränkekonzern Seagram, der die Kellerei seit 1972 betrieb, verkaufte das Gebäude 1987 an einen Privatmann. Dieser "schlachtete" das Gebäude aus. Später, kurz nach der Wende, Anfang der 90er-Jahre, organisierte ein Geschäftsmann Bus- und Kaffeefahrten in die Kellerei, zeitweise wurden täglich bis zu 300 Menschen durchgeschleust.

Im tiefen Keller befand sich ferner eine Diskothek. Dort feierten mehrmals Traben-Trarbacher Abiturienten ihre legendären MSS-Partys.

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