Eine Steilvorlage für die Steillage

BERNKASTEL-KUES. Noch bis heute Abend diskutieren in der Mosellandhalle Experten über die Zukunft des Steillagen-Weinbaus. Bereits am ersten Tag wurde Klartext gesprochen.

"Zukunftskongress" - so nennt sich die Veranstaltung in Bernkastel-Kues, in der es noch bis heute Abend um den Steillagenweinbau geht. Wenn sich das, was am Montag an Perspektiven für Mosel, Saar und Ruwer aufgezeigt wurde, nur ansatzweise realisieren lässt, hat der Steillagen-Weinbau wirklich Zukunft. Die Veranstalter, das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Mosel, die Forschungsanstalt Geisenheim und die Europäische Akademie für Wein und Kultur, hatten sich Referenten ausgesucht, die es an deutlichen Worten nicht fehlen ließen: die Gastronomin und Sommeliere (Weinkellnerin) Christina Fischer aus Köln und den Weinbau-Seiteneinsteiger Roman Niewodniczanski, der seit 2000 das Weingut van Volxem in Wiltingen bewirtschaftet. Christina Fischer las den Winzern der Region gehörig die Leviten, wobei sie viele Fehler der Vergangenheit ansprach. Insofern hat die junge Generation, die Hoffnungen weckt, schon einen Wegweiser. Noch bis in die 90er-Jahre habe die Region in einem "allgemeinen Dornröschenschlaf", gelegen, sagte sie. Winzer in anderen Regionen, beispielsweise in der Pfalz, hätten dagegen ein klares Profil entwickelt. Fast gebetsmühlenartig wies Fischer auf die unschlagbaren weil einmaligen Vorzüge der Mosel hin: die Kombination von Frucht, Säure und Restsüße. Diese Stärken müssten wiedergefunden beziehungsweise ausgebaut werden. Rotwein und trockener Riesling haben ihrer Meinung nach an der Mosel nichts zu suchen, weil sie nicht die Stärke des Anbaugebietes ausmachen. "Riesling ist in. Das muss man nutzen", forderte sie auf, die Chancen zu ergreifen. Fischer kritisierte, dass an der Mosel viele Zungen zum gleichen Thema reden: zum Beispiel, dass es mehrere Versteigerungsringe gibt. Es gebe auch immer noch zu viele "barocke Weine". Liegt das an den Kosten und der damit fehlenden Investitionsbereitschaft, fragte sie.Fischer: Kabinett bietet unglaublich viel

Vehement sprach sie sich dagegen für die Qualitätsstufe "Kabinett" aus. Fischer: "Es gibt keinen weiteren leichten Wein auf der Welt, der so viel bietet." Es sind viele Mosaiksteine, die laut Fischer notwendig sind, um ein großes Ganzes zu schaffen: die Kultivierung vergessener Steillagen, hochwertiger Tourismus, die Verbindung zwischen Kultur und Landschaft und Mensch etc. Eine Flasche aus der Steillagen dürfe nicht unter zehn Euro verkauft werden. Aber natürlich müsse die Qualität stimmen. Die stehe an erster Steller der Kriterien. Fischer regte auch ein Rieslinggipfeltreffen an. Das Gebiet sei "einzigartig", begreife seine Chancen aber immer noch nicht richtig. "Wir müssen die Steillage als Steilvorlage sehen", sagte sie. Roman Niedwodniczanski griff wie seine Vorrednerin in die Vollen. Er sparte aber viele Jahre (Zeitraum 1960 bis 1990), in denen an der Mosel Fehler begangen wurden, einfach aus. "Ich will immer positiv berichten", sagt er. Einem Winzer, der schlechten Wein mache, müsse man helfen, statt ihn zu verdammen. "Ich empfinde Freude im Steilhang, ich bin froh, gestalten zu können", sagte er. Immer wieder tauchten in seinem Vortrag Begriffe wie "Stolz" und "Tradition" auf. Er hat viele Spitzenwinzer in der ganzen Welt besucht. Und er traf bei ihnen immer wieder auf leer getrunkene Flaschen deutscher Spitzenwinzer. Und was bekommt er auf seine Nachfrage für eine Antwort? "Diese Frucht, diese Mineralität und diese Feinheit" kriegen wir nicht hin." Auch das war ein Grund, warum er zum Weinbau kam. Niewodniczanski: Die Nische als Chance

Sein Credo: "Überleben in der Nische." Die Chancen dafür stehen seiner Meinung nach besser denn je. "Die Einzigartigkeit verhindert die Austauschbarkeit", sagte er mit Blick auf den Riesling - so er denn gut gemacht ist. Und er hat auch eine klare Meinung zu seinem Wein. "Er soll meinen Kunden schmecken und nicht den Winzern und Journalisten. "Niewo" hat zwar im Hintergrund eine nicht unvermögende Familie und kann es sich leisten, noch nicht wirtschaftlich arbeiten zu müssen. Doch warum sollen nicht auch andere Quer- und Seiteneinsteiger mit Geld die Zukunft der Steillagen sichern!

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