Eine Vanillestange aus Paris

WITTLICH. Kommunion im Krieg: Vor 60 Jahren, am 16. April 1944, wurde Anneliese Poth in St. Markus gefirmt. Die Wittlicherin erzählt im TV von ihrem großen Tag und der bescheidenen Feier. Ein kleines Päckchen aus Frankreich mit Süßigkeiten war damals für sie ein ganz besonderes Geschenk.

Unter den Jubilaren wird morgen auch Anneliese Poth sein, die sich an ihre Erstkommunion vor 60 Jahren erinnert: "Vor 60 Jahren gingen 124 Kinder und zwar 54 Jungen und 70 Mädchen zum ersten Mal zum Tisch des Herrn. Einige der Kinder waren aus Großstädten, wie zum Beispiel Köln, zu uns gekommen, da sie den dortigen Kriegswirren entkommen konnten. Leider zählen zu den bereits Verstorbenen des Jahrgangs auch einige, die beim Bombenangriff am Heiligen Abend auf unsere Stadt Wittlich ihr Leben lassen mussten. Dechant Karl Thommes, der damalige Pastor der Pfarrei St. Markus, unterrichtete uns zur Vorbereitung in der kalten Kirche, wo quasi Anwesenheit Pflicht war.Gräfin als Firmpatin

Der Kommuniontag war ein schöner sonniger, aber kühler Tag. Durch die Kapläne Alois Junk und Franz Herrmann wurden wir bereits kurze Zeit später, gemeinsam mit dem Jahrgang 1933/34 auf das Sakrament der heiligen Firmung vorbereitet. Die Firmung spendete Bischof Matthias Wehr in St. Markus. Firmpatin für alle Mädchen war Gräfin Maria Kageneck, Firmpate für die Jungen war August Vier. Die häusliche Feier der Erstkommunion in der Familie fiel in fast allen Fällen sehr bescheiden aus. Die obligatorische Uhr war ein seltenes Geschenk. Kleine Kreuzchen oder Medaillons an Silberkettchen wurden aus dem Familienbesitz weiter verschenkt. Meine Patentante schenkte mir ein Schott-Messbuch in braunem Leder mit Goldschnitt. Eine Seltenheit, die mein Onkel während des Krieges aus Brüssel besorgt hatte. Das Gebetbuch war klein und bescheiden. Ich erinnere mich, dass unser Franzose René, der als Kriegsgefangener in der Landwirtschaft zur Arbeit verpflichtet wurde, ein Päckchen von seiner Frau aus Paris bekam. Darin waren eigens für mein Fest eine Vanillestange, eine Tafel Schokolade und ein Päckchen Kakao als Geschenke enthalten. Als Bauern bekamen wir keine Lebensmittelmarken, deshalb war das für uns etwas ganz besonderes an diesem Tag. Meine Mutter machte zum Nachtisch eine echte Vanillecreme. Nach 60 Jahren sind diese Erinnerungen hell wach, vielleicht auch deshalb, weil die Umstände des Krieges uns Kinder sehr geprägt haben. Jeden ersten Dienstag im Monat trifft sich der Geburtsjahrgang 1934/35 regelmäßig in einer Runde, tauscht Erinnerungen aus und pflegt rege Unterhaltungen und Freundschaften und lässt uns dankbar sein, dass der Herrgott bis heute seine schützende Hand über uns hält." Angehörige des Jahrgangs 1934/35 gedenken am morgigen Samstag, 17. April, in der Vorabendmesse zum Weißen Sonntag um 18.30 Uhr in St. Markus der Lebenden und Verstorbenen des Kommunionjahrgangs 1944.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort