Eineinhalb Mäuse zu früh

Viel zu früh und mit kaum Überlebenschancen hat das junge Ponyfohlen "Darky" vor einigen Monaten auf dem Pferdehof der Eheleute Heinz in Niederscheidweiler das Licht der Welt erblickt. Nachdem es wochenlang mühsam aufgezogen wurde, hat Darky es jetzt geschafft. Mit der Entwicklung hinkt das junge Pony zwar noch etwas hinterher, doch an Persönlichkeit und Tempo fehlt es deshalb nicht.

 Richard Heinz führt während der Fohlenschau in Niederscheidweiler unter anderem das Ponyfohlen „Darky“ vor, das fünfeinhalb Wochen zu früh auf die Welt gekommen ist. TV-Foto: Uwe Hentschel

Richard Heinz führt während der Fohlenschau in Niederscheidweiler unter anderem das Ponyfohlen „Darky“ vor, das fünfeinhalb Wochen zu früh auf die Welt gekommen ist. TV-Foto: Uwe Hentschel

Niederscheidweiler. "Pferd und Maus tragen das Jahr aus", sagt Richard Heinz und gibt dann eine kleine Hilfestellung für Menschen, die sich mit der Tragzeit von Pferden und Mäusen nicht auskennen: "Also normalerweise sind es elf Monate." Elf Monate das Pferd und einen die Maus. Macht zwölf. Also ein Jahr. Das ist einfach - nur dass es im Fall von "Darky" vorne und hinten nicht hinhaut. Denn Darky war eine Frühgeburt, kam am 25. März dieses Jahres auf die Welt und damit rund fünfeinhalb Wochen vor dem eigentlichen Termin. Oder, um beim Sprichwort zu bleiben: Darky kam fast eineinhalb Mäuse zu früh. Geboren wurde das Ponyfohlen, dessen richtiger Name eigentlich "Dark secret" (dunkles Geheimnis) ist, auf dem Windhof, der Pferdedeckstation von Richard und Petra Heinz in Niederscheidweiler. Gerade mal acht Kilo habe das Fohlen bei der Geburt gewogen, sagt Petra Heinz, und damit nur etwas mehr als ein Drittel des üblichen Gewichts, das im Schnitt bei 20 Kilo liege. Dass die Tochter von "Dreamy's Dayton" und "Rhonda" es dennoch geschafft hat zu überleben, "ist schon eine Sensation" sagt die Pferdezüchterin, denn so etwas komme nur äußerst selten vor. Intensivpatient für die Pferdekliniken

 Im Anschluss an die Einzelvorstellung der Pferde bekommen die Fohlen das Brandzeichen des Zuchtverbands für deutsche Pferde. TV-Foto: Uwe Hentschel

Im Anschluss an die Einzelvorstellung der Pferde bekommen die Fohlen das Brandzeichen des Zuchtverbands für deutsche Pferde. TV-Foto: Uwe Hentschel

Für Pferdekliniken wäre Darky ein Intensivpatient gewesen, erklärt Petra Heinz, und ein teurer Patient obendrein. "Wir haben bei verschiedenen Kliniken angerufen", sagt sie, und dann schließlich entschieden, das Fohlen selbst aufzupäppeln. Mittlerweile ist Darky über den Berg. "Das eine oder andere Problem hat es zwar noch, weil es die ersten vier Wochen nur gelegen hat", erklärt die Pflegemutter, "aber das wird schon." Die Muskulatur sei noch etwas schwach, und "die Bänder und Knochen müssen noch die passenden Längen bekommen."Doch was dem Fohlen an Knochen- und Bänderlänge fehlt, gleicht es durch Temperament aus. Das muss auch der Prüfer des Zuchtverbands für deutsche Pferde, Zuchtleiter Hans Britze, erkennen, der anlässlich der diesjährigen Fohlenschau nach Niederscheidweiler gekommen ist. Seine Aufgabe ist es, die jungen Fohlen zu beurteilen, einzutragen und gegebenenfalls auch zu prämieren. Aus diesem Grund sind die Warmblutfohlen Akeleide, Rabea, Zafira, Ascot, La Florencia und Rochete, das kleine deutsche Reitpferd Sally, der barocke Zeus und die Fjordpferd-Stute Kythara heute besonders fein. Sauber geputzt mit berundeten Hufen und korrekt verschnallter Trense werden sie von Petra und Richard Heinz vorgeführt. Und auch Dark Secret, das braune Ponyfohlen mit dem struppigen Fell ist dabei, wie die anderen Fohlen auch in Begleitung seiner Mutter. Erst werden Körperbau, Größe, Gebiss und Haltung überprüft und anschließend überzeugt sich Zuchtleiter Britze von Koordination und Bewegung der Tiere. Richard Heinz läuft dabei mit den Stuten einige Runden über den Reitplatz, wobei das jeweilige Fohlen seiner Mutter folgt. Während sich die meisten Warmblutfohlen an diese Abmachung halten und einige von ihnen sogar prämiert werden, erobert Darky die Herzen der jungen Pferdenärrinen, die am Zaun stehen, auf seine Art und Weise, folgt hin und wieder seiner Mutter, doch ist die meiste Zeit damit beschäftigt, zu zeigen, was in ihm steckt. Dass es ihm an dabei an Lebensfreude nicht fehlt, attestiert ihm auch der Prüfer des Reitverbands, auch wenn Darky nicht zu den Fohlen gehört, die an diesem Tag ausgezeichnet werden. Anschließend folgt das Brandzeichen, bei dem das feurig heiße Eisen mit dem Wappen des Zuchtverbands auf die linke Hinterhand des Fohlens gedrückt wird. "Das ist so, als wenn man sich die Finger kurz verbrennt", erklärt Petra Heinz den Vorgang, bei dem es kurz qualmt und anschließend nach verbranntem Haar riecht. Die Fohlen nehmen es hin, schrecken kurz auf und beruhigen sich dann ganz schnell wieder. Nur bei Darky, da dauert es ein bisschen länger. Ruhig stehenbleiben und warten, bis es weh tut, scheint seine Sache nicht zu sein.

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