Einfach die Nerven behalten

TRABEN-TRARBACH. Nach dem Jahrhundertwein 2003 zeichnet sich für 2004 wieder ein "normaler" Jahrgang ab. Die Aussichten sind besser als zunächst befürchtet, die Hauptlese der wichtigsten Sorte Riesling wird um den 20. bis 25. Oktober beginnen.

Den Sommer haben die meisten als eher "durchwachsen" in Erinnerung. Einer schönen Phase folgte meistens schnell wieder eine Regenperiode, und auch die Temperaturen erreichten nur selten die 30 Grad. Für die Reben war das Jahr gar nicht so schlecht. Die Aussichten sind daher gut. Ob es ein richtig guter, oder ein unterdurchschnittlicher Jahrgang wird, darüber entscheidet die Witterung der kommenden vier Wochen. Bleibt es trocken, kann der 2004er in den sehr guten Lagen Spitzenweine hervorbringen, kommt aber eine längere Regenperiode, dann fallen so manche Spät- und Auslesen buchstäblich ins Wasser. Hans-Bernd Pütz, Weinbauberater in Bernkastel-Kues, ist zuversichtlich: "Wir können ganz optimistisch sein." In den besten Lagen erreicht der Riesling jetzt schon Mostgewichte von 70 bis 80 Grad Oechsle. Die Säure liegt im Schnitt bei 15 Promille - noch etwas zu viel für einen harmonischen Wein. Aber der Beginn der Hauptlese beim Riesling wird sich voraussichtlich bis in die letzte Oktoberwoche hinauszögern. Die Trauben haben, sofern das Blattwerk noch gesund ist, genügend Zeit, um Aromastoffe und Fruchtzucker zu bilden und Säure abzubauen. Die Erntemenge liegt über dem langjährigen Durchschnitt, die Keller werden also nach der kleinen Ernte vom vergangenen Jahr wieder gut gefüllt werden.Enorme Unterschiede von Wingert zu Wingert

Winzer Albrecht Eggert aus Traben-Trarbach will heute mit der Lese der frühreifen Sorte Müller-Thurgau beginnen. Viele Kollegen haben schon Anfang der Woche angefangen, und sie berichten von durchweg zufriedenstellenden Qualitäten. Eggert, der 90 Prozent Riesling anbaut, ist optimistisch: "Es sieht gut aus. Man muss nur die Nerven behalten." Winzerkollege Axel Emert aus Traben-Trarbach ist ebenfalls guter Dinge: "Die Mostgewichte sind in Ordnung, mal schauen wie das Wetter in den nächsten drei Wochen wird." Emert will am Montag mit der Müller-Thurgau-Lese beginnen, danach kommen der Weißburgunder und die Rotweinsorten dran. Martin Müllen aus Traben-Trarbach, der sich in den vergangenen Jahren mit einem konsequenten Qualitätsweinbau einen Namen in der Weinfach- und Gourmetpresse gemacht hat, freut sich, dass das Blattwerk in seinen Weinbergen noch intakt ist. Er will mit der Rieslingernte zwischen dem 18. und 25. Oktober beginnen, dann aber nur in kleinen Schritten. Müllen selektioniert sehr stark bei der Lese, um stets die höchste Reife herauszuholen. Seinen Müller-Thurgau-Weinberg hat er bereits gelesen. Das Mostgewicht lag bei 70 Grad Oechsle. Müllen: "Beim Müller-Thurgau ist nicht unbedingt das höchste Mostgewicht anzustreben, sondern die richtige Kombination von Reife und Gesundheit der Trauben." Weinbauberater Pütz weiß, dass in einem nassen Sommer wie 2004 der Zeitpunkt einer Pflanzenschutzmaßnahme besonders wichtig ist. Deshalb gibt es heuer von Weinberg zu Weinberg enorme Unterschiede hinsichtlich des Pilzbefalls. Während in manchen Parzellen die Trauben schon relativ faul sind, sind sie in anderen noch völlig gesund. Pütz: "Rebschutz nach Schema F, das gibt es nicht. Er richtet sich nicht nach dem Urlaub oder der Kirmes. Die amtlichen Hinweise müssen schon genau beachtet werden."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort