Energie vom Chef selbst

WITTLICH. Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg für Unternehmen: Das ist die Essenz des Vortrags von Franz Alt. Optimismus sei gar nicht unbedingt nötig - Realismus täte es schon, meint der politische Journalist, der 20 Jahre lang die Sendung "Report" moderierte.

Er hat sich heiß geredet im Laufe seines Vortrages, an dessen Ende eine lange Diskussion stand. Franz Alt war einer Einladung von Stadtmarketing Wittlich ins Hotel Lindenhof gefolgt, wo er seine Vorstellung vom Weg aus der viel beschworenen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Krise der Republik vorstellte.Dabei holte er weit aus, schlug einen Bogen von Jesus von Nazareth bis Bill Gates, von der mangelnden Kommunikation in der Keimzelle des Staates, der Familie, über große Unternehmen im "lahmarschig gewordenen Deutschland" bis hin zu den Reaktionen auf die Attentate in New York und Madrid.Die Wurzel allen Übels

Psychologen haben festgestellt, dass das deutsche Durchschnittsehepaar heute sieben Minuten pro Tag miteinander spricht. Für den hochkarätigen Journalisten, der unter anderem den Adolf-Grimme-Preis, den Europäischen Solarpreis und den Menschenrechtspreis "Award 2003" erhalten hat, liegt darin die Wurzel allen Übels: Die Kommunikation in den meisten deutschen Unternehmen beschränke sich auf eine ähnlich verschwindende Summe an Zeit. Das Scheitern sei vorprogrammiert: Im einen Fall die Scheidung, im anderen die Firmenpleite, im dritten Krieg und Terrorismus.Alt beschränkte sich bei seinen Ausführungen jedoch nicht aufs Jammern, sondern zeigte anhand positiver Beispiele, wie es auch anders gehen kann. Da ist der Unternehmer an der Spitze eines Traditionsunternehmens mit 450 Arbeitnehmern. Auch seine Ziegelherstellung war in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Statt die Belegschaft auf die Straße zu setzen, suchte man im Dialog von oben nach unten und von unten nach oben nach Auswegen. Man fand sie. Die Produktion wurde auf Solarziegel umgestellt - das Unternehmen boomt heute. Alt wagte auch den Blick über den deutschen Tellerrand hinaus. Als Beispiele für innovative Global Player nahm er "British Petroleum" (BP) her. Für die Zeit nach Erdöl und Erdgas, die Wissenschaftler bereits für die Mitte des Jahrhunderts errechnet hätten, gebe es in diesem Unternehmen bereits den Vorstandsbeschluss: Die Abkürzung BP bleibe, werde jedoch für "Beyond Petroleum" stehen. Auch Shell rüste längst für die Zeit nach dem Öl: In Gelsenkirchen stehe eine Solarzellenfabrik.Als um so verwerflicher bezeichnete Alt deshalb die amerikanische Vorgehensweise, weiterhin Kriege um Öl zu führen. "Regenerative Energien statt Öl" lautet die Lösung Franz Alts, der ein Buch mit dem Titel "Krieg um Öl oder Frieden durch die Sonne" herausgebracht hat.Wer im Lindenhof ein Exemplar erwarb, dem zeichnete er neben die Unterschrift flink eine lachende Sonne. "Die Sonne schenkt uns pro Tag 15 000 mal mehr Energie auf die Erde, als die komplette Menschheit verbrauchen kann." Die Japaner seien da den Deutschen schon voraus: Der promovierte Politikwissenschaftler wird dort bald ein Dorf einweihen. 700 Häuser erzeugen ihre Energie nur mit Hilfe der Sonne. Bemerkenswert: mit deutscher Technologie. Immerhin stünden inzwischen auf 700 deutschen Kirchen Solaranlagen, die damit "Energie vom Chef selbst" nutzten.Für gelungene Kommunikation zwischen Ehepartnern, Arbeitgebern und Arbeitnehmern, aber auch zwischen Staaten stellte Alt Regeln auf: Achtsamkeit beim Zuhören, Eindeutigkeit von eigenen Aussagen und Wahrhaftigkeit. Letztendlich sei Kommunikation jedoch mehr als das Abarbeiten von Verhaltens regeln. "Sie ist auch eine spirituelle Sache." Wo die richtige Geisteshaltung (auf Englisch: spirit) und die Freude an der Sache fehle sei sie nämlich zum Scheitern verurteilt.

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