"Engel ohne Heiligenschein" hat seine Wurzeln in Reil

REIL. Sie ist die bekannteste Frau Brasiliens, und manche nennen sie "Engel ohne Heiligenschein". Dr. Zilda Arns Neumann gründete Anfang der 80er-Jahre in Brasilien die Kinderpastoral "Pastoral da Crianca". Jetzt besuchte sie im Rahmen der Adveniat-Kampagne Deutschland und war auch zwei Tage zu Gast in Reil, dem Ort, aus dem ihre Vorfahren stammen.

Die 71 Jahre sieht man ihr wahrlich nicht an. Helfen und sich für eine gute Sache zu engagieren, hält offenbar jung. Ihr Werk, die Kinderpastoral, ist heute die größte Freiwilligen-Organisation Brasiliens. Zilda Arns Neumann kümmert sich vor allem um hilfsbedürftige Familien, Schwangere und Kleinkinder. Sie sitzt an diesem Freitagmorgen vor Jungen und Mädchen der Grundschule Reil und erzählt von ihrem ausgefüllten Leben und ihrem geliebten Heimatland Brasilien. "Brasilien ist reich und doch arm zugleich", sagt sie in fließendem Deutsch. Und spätestens, als sie das deutsche Kinderlied "Eia popeia, was raschelt im Stroh" anstimmt, hat sie die Herzen der Kinder erobert. Leider hat Zilda Arns Neumann an diesem Vormittag nur wenig Zeit. Gerne würde sie länger bleiben - das spürt man, wenn man sieht, wie herzlich und fröhlich sie mit den Kindern umgeht. Aber die 71-jährige, neunfache Großmutter hat einen prall gefüllten Terminkalender, und ihre Begleiter ermahnen zur Eile. Sie ist eine Woche Gast von Adveniat, dem katholischen Hilfswerk für die Kirche Lateinamerikas. Dass sie ausgerechnet in dem kleinen Moselort Reil Station macht und dort sogar übernachtet, hat einen einfachen Grund: 1848 verließ ein Nikolaus Arns mit Familie Reil und wanderte nach Brasilien aus. Er ist der Urgroßvater von Zilda Arns sowie von Rainer und Erwin Arns, die beide in Reil leben. Die Kinderärztin ist in Brasilien eine berühmte Persönlichkeit. Wegen ihres Engagements für die Armen wurde sie mehrfach geehrt, inzwischen gilt sie mit ihrer Organisation als heiße Anwärterin für den Friedensnobelpreis. Auch ihr älterer Bruder ist in Lateinamerika eine Berühmtheit. Der Erzbischof von Sao Paulo, Kardinal Paulo Evaristo Arns, der dieser Tage sein 60. Priesterjubiläum feiern konnte, ist bekannt als Anwalt der Armen in Brasilien und Förderer der so genannten Befreiungstheologie. Die "Pastoral da Crianca" ist ein Netzwerk der Solidarität, in dem 258 000 Freiwillige in 37 000 Städten und Dörfern Brasiliens mitarbeiten - ehrenamtlich. Zilda Arns: "Wir begleiten 1,3 Millionen Familien, 100 000 Schwangere und 1,8 Millionen Kleinkinder. Das bedeutet, wir versuchen die Lebensqualität dieser Familien und Kinder zu verbessern, in dem wir Kurse anbieten, die Familien besuchen und sie über Ernährung, Hygiene und Erziehung informieren." Für die Brasilianer ist Zilda Arns längst zu einer Institution geworden. Ihre Stimme zählt auch bei Politikern. Über sie heißt es: "Wenn Doctora Zilda spricht, ist das fast genauso wichtig, als wenn Pelé spricht."

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