Enkirch hatte einst 42 Schuhmacher und zehn Schneider

ENKIRCH. Enkirch ist mit seinen 1800 Einwohnern einer der größten Orte an der Mosel. Doch Enkirch war einst größer und vor allem viel bedeutender. Bei einem Spaziergang durch den geschichtsträchtigen Ort mit seinen Fachwerkhäusern kann man dies erahnen.

Wir schreiben das Jahr 1760. Noch ist von dem gewaltigen Umbruch, den wenige Jahrzehnte später Napoleon bewirkt, nichts zu spüren. In Enkirch herrscht ein munteres Treiben, auf dem Marktplatz tummeln sich Händler und Handwerker, Menschen aus nah und fern kommen in den Ort, um zu arbeiten, zu kaufen und zu handeln. 2400 Einwohner hat Enkirch und ist damit neben Schweich und Kröv eine der größten Gemeinden zwischen Koblenz und Trier.Mittelpunkt der Handwerkerzünfte

Enkirch ist Mittelpunkt zahlreicher Handwerkerzünfte. Eine Chronik zählt insgesamt 265 Handwerker auf. Allein 42 Schuhmacher, 14 Bäcker, sieben Metzger, zehn Zimmerleute, elf Seiler, zehn Schneider und 21 Leinenweber sind gemeldet. Auch sechs Weißgerber verrichten ihr Handwerk. Zumindest der Name hat heute noch eine gewisse Bedeutung. Bereits Jahrhunderte zuvor war Enkirch eine kleine "Metropole" an der Mittelmosel. Der Ort, erstmals im Jahr 733 als "Anchiriacum" urkundlich erwähnt, gehörte seit dem 12. Jahrhundert zur Grafschaft Sponheim. Johann I., der auf der Starkenburg wohnte, machte Mitte des 13. Jahrhunderts Enkirch zu seiner Residenz. Der Ort erhielt Stadtrechte und eine eigene Gerichtsbarkeit. Dazu kam die Befestigung mit Mauern und Gräben. Später erhielt Enkirch das Marktrecht - ein wirtschaftlich äußerst wichtiges Privileg. Enkirch war aber nie Vollstadt, da die kaiserliche Urkunde fehlte. Es war Stadtrechtsort und blieb doch ein Flecken. Enkirch war offiziell keine Stadt, hatte aber durchaus städtischen Charakter. Mitte des 14. Jahrhunderts zogen die Sponheimer von der Starkenburg auf die Grevenburg wenige Kilometer moselaufwärts und machten Trarbach zu ihrem Residenzort. Dennoch blieb Enkirch bis weit ins 19. Jahrhundert wirtschaftlich bedeutender als Trarbach. Anfang des 19. Jahrhunderts hatte Trarbach nur etwa 700 Einwohner, Enkirch hingegen über 2000. Eine Bastion des Protestantismus

Was machte Enkirch so attraktiv? Vor allem war es die geographisch günstige Lage. Enkirch liegt offen zum Hunsrück, während Trarbach regelrecht eingekeilt ist und daher schwerer zu erreichen ist. Enkirch besaß und besitzt bis nach Raversbeuren ein großes Hinterland, hatte neben Weinbau auch stets große landwirtschaftliche Flächen. Nach der Reformation wurde Enkirch wegen seiner Zugehörigkeit zur Grafschaft Sponheim neben Trarbach, Wolf und Starkenburg zu einer protestantischen Bastion inmitten des katholischen Kurtrier. Die Grafschaft Sponheim wurde inzwischen von Pfalz-Baden verwaltet, weil das Geschlecht der Sponheimer in der männlichen Linie ausgestorben war. Das 17. Jahrhundert war geprägt von der Katastrophe des 30-jährigen Kriegs. Die Bevölkerung Enkirchs wurde um rund ein Drittel dezimiert.Männer gezwungen, beim Bau zu helfen

Wenige Jahrzehnte später, 1687, begannen die Franzosen mit dem Bau der gigantischen Festungsanlage Mont Royal. Auch viele Enkircher Männer wurden gezwungen, beim Bau zu helfen. Nach der Blütezeit Enkirchs im 18. Jahrhundert - siehe die Hinweise auf die zahlreichen Handwerkerbetriebe und den bedeutenden Markt - brachte das 19. Jahrhundert für Enkirch einige negative Entwicklungen. Unter der französischen Herrschaft von 1794 bis 1813 waren Trarbach und Enkirch Sitze von Mairien, so hießen die Bürgermeisterämter. Unter preußischer Verwaltung verlor Enkirch diesen Status und wurde mit Burg, Traben, Trarbach und Starkenburg der Bürgermeisterei Trarbach zugeordnet. Enkirch war aber immer noch die mit Abstand größte und steuerstärkste Gemeinde der neuen Bürgermeisterei und blieb es auch über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus. Verwaltungsreform kostet "Amtsstatus"

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschob sich das Verhältnis insofern, als Traben und Trarbach einen kontinuierlichen Bevölkerungszuwachs verzeichnen konnten, während Enkirch stagnierte. Dennoch hatten die zahlreichen Versuche, Enkirch wieder zur Bürgermeisterei werden zu lassen, im Jahr 1884 Erfolg. Enkirch wurde wieder Bürgermeisterei mit Burg und Starkenburg. Mit der Verwaltungsreform Anfang der 1970er Jahre verlor Enkirch den "Amtsstatus" und wurde der VG Traben-Trarbach eingliedert. Liebe Leserinnen und Leser. Wie könnte Enkirch im Jahr 2020 aussehen? Bitte senden Sie uns Ihre Vision zur Zukunft des Ortes möglichst kurzgefasst bis Dienstag, 17. Mai, per E-Mail an w.simon@volksfreund.de oder per Fax 06541/839229.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort