Erfolg auf dem sanften Weg

WITTLICH. Sie hat es im Judo weit gebracht: Dagmar Kunsmann ist Deutsche Meisterin geworden, und zwar in einer Disziplin, die den meisten Menschen noch unbekannt ist: Im Kata der neuen Selbstverteidigung, dem Kodokan Goshin Jitsu.

Wer nicht aus der Judo-Branche kommt, muss sich zunächst wenigstens gedanklich in das hineinarbeiten, was Dagmar Kunsmann Jahr um Jahr mit viel Ehrgeiz und Disziplin betreibt. Dass Judokas im Wettkampf ihr Können miteinander messen, ist bekannt. Dass daneben eine zweite Schiene des Judo existiert, wissen die wenigsten.Das Können von Eiskunstläufern wird in zwei Disziplinen bewertet, in der Pflicht und in der Kür. "Ganz ähnlich muss man sich das mit dem Judo vorstellen", erläutert die 1970 in Wittlich geborene Dagmar. "Die Kata ist sozusagen die Pflicht, der Wettkampf die Kür." Wobei im Wettkampf auf der Matte, wo es um den Sieg über einen Gegner geht, mit den Jahren die Wehwehchen immer länger dauern. Deshalb hören im entsprechenden Alter viele Judokas mit dem Wettkampf auf. Auch Dagmar hing diese Sparte des Judo vor zwei Jahren an den Nagel. Um so fleißiger trainierte sie allerdings die Kata, zeitweise bis zu fünfmal in der Woche.Hier geht es um eine fast ritualisierte Technik der Selbstverteidigung jenseits von Gewinnen und Verlieren. "Das Reizvolle daran ist, dass neben der körperlichen Ebene auch die geistige herausgefordert wird." Und die Zusammenarbeit mit einem festen Trainingspartner, der das selbe Ziel haben muss. Diesen idealen Partner hat die Diplom-Ingenieurin für Chemie an ihrem jetzigen Wohnort Krefeld gefunden.Nachdem Dagmar bereits im Jahr 2001 westdeutsche Vizemeisterin in Katame no Kata geworden war, schaffte sie es im Oktober vergangenen Jahres nach ganz oben: In Kodokan Goshin Jitsu. Es handelt sich dabei um die Kata der neuen Selbstverteidigung, gegliedert in fünf Untergruppen: Verteidigung gegen Angriffe mit der bloßen Faust und dem Knie, gegen Faust und Füße, gegen Angriffe mit dem Dolch, dem Stock und mit der Pistole.Begonnen hatte alles mit einem Selbstverteidigungskurs der beiden älteren Schwestern. Als die Mädels danach mit Judo weiter machten, begriff Dagmar sofort: "Das ist meine Sache." Damals war sie noch nicht einmal zehn Jahre alt. "Der sanfte Weg", was Judo ins Deutsche übersetzt bedeutet, gefiel ihr sofort.Zweimal pro Woche mit dem Mofa nach Wittlich

Der Zweikampf, in dem stets derjenige siegt, der die Fehler des anderen am besten ausnutzt, bereitete ihr schon in jungen Jahren große Freude. Erst später kam der Reiz der Disziplin hinzu: eindrucksvoll ausgelebt - eben in der Kata.Ihrem ersten Trainer Hans Karl Teusch, damals wie heute im Wittlicher Turnverein aktiv, ist Dagmar bis heute verbunden. "Wann immer ich es beruflich einrichten kann, komme ich nach Wittlich und trainiere wieder mit ihm gemeinsam." Manche Dinge ändern sich eben nicht. Bereits mit 15, 16 Jahren, als Dagmar mit den Eltern in Bernkastel-Kues wohnte, fuhr sie zweimal in der Woche mit dem Mofa nach Wittlich. Sie schmunzelt: "Da sah man schon, dass Judo meine große Leidenschaft ist."Dagmar hat keine Kinder. Aber wenn, wüsste sie, welchen Sport sie ihnen wärmstens ans Herz legen würde. Irgendein Kampfsport sollte es schon sein, welcher, entscheide das individuelle Temperament. "Ich empfehle es besonders für die Mädchen." Neben der rein körperlichen Kraft gewinne auch das Selbstbewusstsein auf anderen Ebenen. "Und das hat automatisch zur Folge, dass die Wahrscheinlichkeit, überhaupt als Opfer ausgesucht zu werden, beträchtlich sinkt", sagt die Schwarzgurt-Judoka, die im vergangenen Jahr den dritten Dan erwarb.Und die selbstverständlich weiter trainieren wird, weil speziell die Kata-Disziplin sich auch "für die älteren Semester" eignet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort