Erst düster, dann heiter

TRABEN-TRARBACH. Die Literarischen Nachmittage im Mittelmosel-Museum haben Tradition, und die Wittlicher Autorin Josefine Wittenbecher hat ihr Publikum in Traben-Trarbach schon oft mit genussvollen Lesungen begeistert. Mit Auszügen aus ihren zwei jüngsten Werken präsentierte sich nun auch die Schriftstellerin den Zuhörern in zweifacher Weise.

 Im Goethezimmer des Mittelmosel-Museums, wo im November 1792 der Dichterfürst einst weilte, signierte Josefine Wittenbecher ihre Bücher. Goethes Aufenthalt in Traben-Trarbach hat sie eine eigene Erzählung in Mundart gewidmet.Foto: Gerda Knorrn-Belitz

Im Goethezimmer des Mittelmosel-Museums, wo im November 1792 der Dichterfürst einst weilte, signierte Josefine Wittenbecher ihre Bücher. Goethes Aufenthalt in Traben-Trarbach hat sie eine eigene Erzählung in Mundart gewidmet.Foto: Gerda Knorrn-Belitz

Erfreut registrierte Christof Krieger, Vorsitzender des Fördervereins Mittelmosel-Museum, dass die interessierten Gäste dicht an dicht im Speisezimmer des Barockhauses Platz genommen hatten, um sich von Josefine Wittenbecher in eine längst vergangene Zeit entführen zu lassen. Noch zehn Tage zuvor mochte im altehrwürdigen Hause Böcking kaum einer glauben, dass die Autorin hier würde lesen können. Die erste Etage des Museums war wegen des herannahenden Hochwassers komplett geräumt worden. "Eine ganze Woche hatten wir Arbeit und dann sah alles wieder aus wie vorher", fasste Krieger den prophylaktischen Hochwasser-Einsatz mit vielen Helfern zusammen. Josefine Wittenbecher widmete den ersten Teil des Literarischen Nachmittages ihrem im Herbst vergangenen Jahres fertig gestellten historischen Roman "Tödliche Feuer", in dem sie über die Hexenverfolgungen im 16. Jahrhundert, die es auch im Trierer Raum gegeben hat, berichtet. Die Hauptfigur ihres Werkes ist der Jurist Dr. Dietrich Flade, der einst in Trier lebte, an Hexen-Urteilen mitwirkte und letztendlich selbst auf dem Scheiterhaufen endete. Die Autorin machte zunächst mit der Person des Dietrich Flade bekannt, begleitete ihn auf einer kleinen Reise und gab eine Einführung in die Hexen-Prozesse. "Die Zeugenaussagen stehen so im Protokoll", sagte Wittenbecher dem sichtlich ergriffenen Publikum. Alle Dörfer an der Mosel hatten seinerzeit Hexen-Ausschüsse, denen die Verdächtigen gemeldet wurden. Beweise wurden gesammelt und es kam zur Gerichtsverhandlung. Welch unglaubliche Zeugenaussagen damals unschuldigen Menschen den Tod brachten, nachdem sie zuvor meist noch brutal gefoltert worden waren, hat Josefine Wittenbecher authentischen Dokumenten entnommen. Unter der Folter wurden den armseligen Geschöpfen oftmals "Mittäter" abgepresst, und so erging es dann auch Dietrich Flade: Er selbst wurde als Hexer benannt. Mit einer exzellenten Lesung faszinierte Josefine Wittenbecher das gebannt und erschüttert lauschende Publikum. Im zweiten Teil der Lesung erlebten die Zuhörer dann eine völlig andere Josefine Wittenbecher. "Verstähsde Platt" heißt ihr Mundart-Buch, das die Autorin nach ihrem Hexen-Buch geschrieben hat. Wie einen Befreiungsschlag nach düsterer, nachdenklich stimmender und betroffen machender Lektüre empfanden die Zuhörer nun die in munterer Mosel-Mundart parlierende Schriftstellerin, die zunächst eine Geschichte aus dem Alltag ­ "so was kriegt man mit, wenn man die Ohren aufmacht" ­ vorlas. "Gehiert sich dat" lautete der Titel, und treffend kommentierte eine Zuhörerin hinterher: "Genau so iss ett." Josefine Wittenbecher überzeugte mit ihren beiden Werken; nach dem düsteren Einstieg rundeten heitere Gelöstheit und herzhaftes Gelächter einen der feinsten Literarischen Nachmittage ab. Das Publikum dankte der Autorin mit langanhaltendem Beifall.

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