Es geschah vor der Haustür

Bereits vor Wochen ist im Mittelmosel-Museum die Ausstellung "Jüdisches Leben in Traben-Trarbach" eröffnet worden. Sie ist nur ein erster Schritt zur Aufarbeitung der jüdischen Geschichte in der Doppelstadt. Museumsleiter Christof Krieger hat jetzt in einem beeindruckenden Vortrag vor rund 80 Zuhörern weitere Dokumente vorgelegt und kommentiert.

Traben-Trarbach. Christof Krieger hat in den vergangenen Wochen eine wahre Sisyphusarbeit geleistet. Er hat zahlreiche Dokumente, Fotos und Zeitungsausschnitte zusammengetragen, die an das jüdische Leben in Traben-Trarbach erinnern. In Archiven ist er fündig geworden, Traben-Trarbach Bürger haben ihm ferner Fotos zur Verfügung gestellt.Unter den 80 Zuhörern im Stadthaus Alter Bahnhof war auch das Ehepaar Schmitz aus Bernkastel-Kues. Der in Traben-Trarbach geborene und aufgewachsene Martin Schmitz hat den Holocaust überlebt, seine Eltern wurden in Auschwitz ermordet.

Krieger hatte seinen Vortrag in drei Teile unterteilt. Zunächst stellte er die jüdischen Familien von Traben-Trarbach vor - Menschen, die bis zur Machtergreifung der Nazis angesehene Bürger waren und sich in zahlreichen Vereinen engagierten oder als großzügige Förderer auftraten. Erinnerungen an die Familien Schoemann, Marx, Schmitz, Haas und Gerson wurden geweckt. Die meisten von ihnen überlebten den Holocaust nicht. Insgesamt zehn Familien lebten um 1930 in Traben-Trarbach.

Krieger wies nach, dass bereits Ende der 20er Jahre die Nationalsozialisten in der Doppelstadt sich breit machten und dort Parteikundgebungen durchführten. Nie fehlte in den Zeitungsankündigungen der Hinweis, dass Juden bei diesen Kundgebungen unerwünscht seien. Bereits 1930 druckte das "Trierer Nationalblatt" einen Hetzartikel gegen Siegmund Schoemann, in dem die Juden auf übelste Weise verunglimpft wurden.

Nach der Machtergreifung der Nazis 1933 bekam die Judendiskriminierung eine neue Qualität. Der Terrorstaat der Nazis schränkte die Rechte der Juden immer mehr ein und hetzte die Bevölkerung gegen sie auf.

Krieger legte Dokumente vor, die belegen, dass Bürger jüdische Familien denunzierten. Auch judenfreundliche Bürger mussten damit rechnen, angeschwärzt zu werden.

Viele kompromittierende, die Juden betreffende Akten wurden allerdings, so Krieger, vor dem Einmarsch der Amerikaner 1945 offensichtlich gezielt vernichtet. Aber einige einschlägige Schriftstücke haben sich dennoch erhalten. So haben etwa Erlasse des Stellvertreters des Führers, Rudolf Heß, ihren Weg auch in das Trarbacher Rathaus gefunden - und sind dort auch umgesetzt worden. Krieger: "Für mich besonders erschreckend war es zu sehen, wie pflichteifrig sich die damaligen Bürgermeister dieser Aufgabe widmeten und hierbei ein erhebliches Maß an Eigeninitiative zeigten." Schließlich dokumentierte Krieger die Arisierung des Trabener Strandbades. Der Jude Siegmund Schoemann hatte diese Einrichtung mit Spenden und Kreditbürgschaften erst möglich gemacht. 1935 drängte der Stadtrat auf eine "Bereinigung der Besitzverhältnisse". Der Gönner Schoemann verlor dadurch ein kleines Vermögen. Später wurde das Strandbad von der Stadt übernommen, damit wurde die gesamte Bürgerschaft zum Nutznießer der Machenschaften gegenüber dem jüdischen Mitbürger Siegmund Schoemann.

Extra Öffnungszeiten: Das Mittelmosel-Museum Traben-Trarbach und damit die Ausstellung "Jüdisches Leben in Traben-Trarbach" ist ab Karfreitag täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Am Ostermontag ist wegen des Feiertages ebenfalls geöffnet. Die Ausstellung läuft noch bis September.

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