Es klappert immer noch

NEUMAGEN-DHRON. Vor fast zehn Jahren stellte die Enschen Mühle ihre Arbeit ein. Ihr Müller aber ist immer noch aktiv und funktioniert Mühle und Scheune nach und nach zu einer Art Heimatmuseum um.

Besucher durch Scheune und Mühle zu führen, ist Josef Ensch ein Vergrüngen. "Das ist das Rad, mit dem ich 50 Jahre geschafft habe", erklärt er zu dem sich noch immer drehenden Wasserrad. Etliche Jahre sind es schon her, dass der "Enschen Müller", der Letzte seiner auf der Dhroner "Enschen Mühle" ansässigen Familie, in Rente ging. Das Kapitel Müller kann der 73-Jährige aber nicht einfach zuklappen. "Wenn das stehen bleibt und trocken wird, geht es kaputt", macht er deutlich, warum das Rad weiter laufen muss, auch wenn es gar kein Getreide mehr zum Mahlen gibt. Das Einzige, was er in der Mühle noch ab und an produziert ist "Quetsch-Hafer" für die Pferde.Von seinem Bruder gelernt

Dabei war das 1924 am Standort einer Fachwerk-Mühle aus dem 17. Jahrhundert neu errichtete Schiefer-Gebäude auf eine Tagesleistung von einer Tonne eingerichtet. Aber damals hätte auch keiner gedacht, dass es in wenigen Jahrzehnten dafür keinen Bedarf mehr geben könnte. Obwohl es ein Müller an der Dhron auch zu dieser Zeit nicht einfach hatte, wie Ensch weiß. "Seit die Dhrontalsperre in Betrieb ging (1913), hat die Dhron nur noch das halbe Wasser." Folglich sei die Antriebskraft nicht mehr so groß gewesen. Dennoch war es für die Söhne des Hauses wohl keine Frage, ebenfalls Müller zu werden. Josef, der das Handwerk bei seinem unverheirateten Bruder erlernt hatte, war als junger Mann immer unterwegs. Als Handwerksbursche lernte er etliche Mühlen kennen und noch mehr Menschen. Außerdem hatten sie 1952 ihren ersten Lastwagen bekommen: "Da bin ich hinauf auf den Hunsrück." Bis 1990 fuhr er alle 14 Tage pünktlich über Berglicht, Lückenburg, Bäsch, Hilscheid und Malborn bis nach Züsch, um Getreide abzuholen oder Mehl zu liefern. Seine Fahrten führten den "Dhroner Müller", wie ihn die Hunsrücker nannten, sogar bis ins saarländische Sötern. Parallel dazu war er Landwirt und Winzer: "Es war unser Glück, dass wir uns Wingerte angeschafft hatten." Als 1982 sein Bruder starb, kümmerte sich "Jupp" alleine um die Mühle. "Es war ja nicht mehr viel" erinnert er sich. Unterstützung hatte er in seiner Schwester Martha Neuss, die ihm den Haushalt machte. Das endgültige Aus für die Mühle kam dann mehr als zehn Jahre später. "Bis 1995 hab ich das noch durchgehalten", erzählt Ensch. Dann habe er sich gesagt: "Das hat keinen Wert - ich mach mehr Unkosten als ich verdiene". Was er behielt war sein Vieh, das er erst voriges Jahr aufgab. Und seine Pferde, mit denen er beim Weinblütenfest die Weinkönigin kutschierte oder die Vorschulkinder zum Hof Kron. Entsprechend funktionierte er die ehemaligen Wirtschaftsgebäude in ein kleines Heimatmuseum um. Neben dem in der Scheune geparkten Planwagen und einer Kutsche hat er Leiterwagen sowie Weinbergs- und Ackergerät zusammen getragen. Dazwischen sind auf Fassholzböden gemalte Mosel-Motive wie die im Krieg zerstörte Nikolausbrücke zu sehen. Für den Müller im Ruhestand eine Freizeitbeschäftigung nach seinem Geschmack: "Hier habe ich manche Stunde geopfert." Mit ähnlich viel Aufwand hat er die Mühleneinrichtung beschildert und eine "Mühlenkammer" eingerichtet, in der es sich auch gemütlich plaudern lässt. Dort erzählt er dann von früher. Oder von Leuten, die sich Getreidemühlchen kaufen und gar nicht wissen, dass sie von naturbelassenem Roggen krank werden können.

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