"Es war eine schöne Zeit"

Minheim. Vor genau 25 Jahren, am 21. September 1979, wurde in Minheim die Moselbrücke eingeweiht und die Fähre außer Betrieb gesetzt. Der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Bernhard Vogel gab die Brücke sowie die Minheimer Umgehungsstraße für den Verkehr frei. Vier Tage lang feierte Minheim das Brückenfest in einem großen Festzelt.

Heute vor 25 Jahren endete damit die 69-jährige Fährgeschichte von Minheim. In den ersten Jahrzehnten versah eine Gierfähre den Dienst, deren Hochseil auf der Minheimer Seite an einem Mast befestigt und auf der gegenüberliegenden Seite im Berg verankert war. Infolge der Moselkanalisation musste 1964 eine frei laufende Motorfähre angeschafft werden, die "St. Nikolaus". Johann Sausen war die letzten sieben Jahre ihr Fährmann. Seit einem Vierteljahrhundert steuert er die Autofähre von Ellenz-Poltersdorf nach Beilstein. Mit 63 Jahren denkt er noch nicht ans Aufhören. "Ich habe sehr viel Spaß daran und kann mir keine andere Arbeit vorstellen." Die Minheimer Fähre verkehrte das ganze Jahr über. Bei dichtem Nebel musste Sausen jedoch bei der Wintricher Schleuse anrufen, um zu erfahren, ob Schiffe unterwegs waren, weil sonst die Überfahrt zu riskant war. Die Witterung war auch Schuld an seinem größten Erlebnis mit der "St. Nikolaus". Durch die kalte Witterung war das Seil, mit dem die Fähre vertäut wurde, gefroren, so dass es sich nur behelfsmäßig anbringen ließ. Sausen saß im warmen Fährhaus, als er durch das Fenster sah, wie die Fähre auf die Mosel hinaustrieb. Vermutlich hatte der Wellenschlag eines vorbeifahrenden Schiffes die Vertäuung gelöst. Er rief bei der Schleuse in Wintrich an und warnte vor der frei treibenden "St. Nikolaus". Als er hörte, dass gerade zwei Schiffe in der Schleuse waren, bat er die Schleusenarbeiter, sie so lange festzuhalten, bis er da war. Er raste über die schneeglatte Straße, sprang auf ein Schiff und ließ sich bis an seine Fähre bringen. So brachte er sie wieder glücklich zum Fährkopf, wo ihn viele Schaulustige erwarteten. Walter Feilen weiß eine andere Anekdote über die Fähre zu berichten. Er war von 1969 bis 1989 Bürgermeister in Minheim und setzte sich sehr für den Brückenbau wegen der besseren Verkehrsanbindung ein. Die Wasserschutzpolizei wollte die Fähre wegen Mängeln stilllegen. "Das war einen Monat vor der Brückeneinweihung. Ich habe auf die Brücke gezeigt und gefragt, ob sie denn nichts von der bevorstehenden Einweihung wüssten. Und wie die Minheimer bis dahin auf die andere Moselseite kommen sollten." Die Beamten hatten ein Einsehen und erteilten der Fähre eine Ausnahmegenehmigung. Heute erinnert nur noch wenig am "alten Fährkopf" in Minheim daran, dass hier fast 70 Jahre lang eine Fähre anlegte. Ein kleines Boot, mit Blumen geschmückt und mit dem Ortsnamen beschriftet, steht vor dem flach abfallenden Ufer. Die Fähranlagestelle auf der gegenüberliegenden Seite ist größtenteils von Bäumen und Büschen überwachsen. Das Fährhaus, in dem Johann Sausen wohnte, musste kurz vor der Brückeneinweihung der Umgehungsstraße weichen. Die letzten Monate seiner Zeit als Fährmann wohnte Sausen in einem Bauwagen. Dienstzeit war von 5.30 Uhr bis 20.30 Uhr, sieben Tage die Woche. Krank war er nie. Und über seine sieben Jahre Tätigkeit auf der Minheimer Fähre sagt er: "Es war eine schöne Zeit."

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