Europa kommt groß raus

WITTLICH/WENGEROHR. Wer entscheidet, wie neue Straßen genannt werden, wenn sie in einem Ortsteil liegen? Beim Industriegebiet Wengerohr-Süd wollte der Stadtrat das letzte Wort haben und schloss sich einer Namensliste des Bau- und Verkehrsausschusses an, nicht der des Ortsbeirats.

 Ganz im Zeichen Europas: Statt alter Gemarkungsnamen will der Stadtrat die Straßen im Industriegebiet Wengerohr-Süd nach Sitzen europäischer Institutionen benennen. Foto: Sonja Sünnen

Ganz im Zeichen Europas: Statt alter Gemarkungsnamen will der Stadtrat die Straßen im Industriegebiet Wengerohr-Süd nach Sitzen europäischer Institutionen benennen. Foto: Sonja Sünnen

Der Ortsbeirat darf beraten und empfehlen, der Stadtrat aber beschließt. Dieses kommunalpolitsche Vorgehen war auch bei der vergangenen Stadtratssitzung Thema. Der Grund: Der Wengerohrer Ortsbeirat wollte neue Straßen im Industriegebiet Wengerohr-Süd wie folgt taufen: "Beim Hofhaus, Auf der Umkehr, In den sieben Morgen, Auf der Langfuhr, Auf dem Rech" - angelehnt an die alten Flurnamen. Als alles noch gut war

Diese Empfehlung haben die Wengerohrer im November an die Stadt gegeben. Im Februar befasste sich dann der Bau- und Verkehrsausschuss mit der Angelegenheit und fand eine Namensgebung orientiert an den Sitzen europäischer Institutionen angemessener: Europa-, Straßburg-, Luxemburg-, Brüssel- und Den Haagstraße. Diesen weltläufigeren Bezeichnungen schloss sich auch die Mehrheit des Stadtrates an, nicht ohne Gegenstimmen und Enthaltungen. Peter van der Heyde (CDU), selbst "Chef eines Stadtteils" leitete als Berichterstatter ein: "Bei diesem Thema bleibe ich ganz sachlich. Der Bauausschuss kam in seiner Sitzung überein, dass man die alten Gemarkungsbezeichnungen nicht wählen solle, sondern dort, wo internationale Firmen tätig sind, sich auch an Europa anlehnen solle." Auf die Nachfrage eines Ratsmitgliedes, ob die Namen nicht "auseinander und groß" geschrieben werden müssten, wurde dieses belehrt, das gelte nur bei angehängtem "-er". Worauf der Fragende sich erinnerte: "Stimmt. Das war ja nur bei der alten Rechtschreibung so gewesen, als alles noch gut war". Belustigt reagierte der Rat auch auf den Hinweis, ob es denn nicht doch "Luxemburger Straße" heißen müsse und auf die Erklärung, man wolle sich doch von Trier unterscheiden. Immerhin ist das Gewerbe, das sich in Wengerohr ansiedeln soll, ja von einer gänzlich anderen Art. Damit haben die "Straßenkinder" nun nach einer etwas schwierigen Geburt alle einen Namen ohne Wengerohrer Gemarkungs-Geschichte. Der Hinweis von CDU-Ratsmitglied und Ortsvorsteher Wengerohrs, Theodor Brock, die anderen Namensvarianten seien ein einstimmiger Beschluss des Ortsbeirats konnte die Mehrheit nicht vom europäischen Weg abbringen.

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