Felix Kuhn steht am Fenster seines Wohnzimmers und schaut nach unten in die Cusanusstraße. "Gibt es einen schöneren, lebendigeren Blick als diesen", fragt er, ohne eine anderslautende Antwort zu erwarten. Diese Aussicht genießt der alte Herr jeden Tag aufs Neue - den Blick auf die Burgruine Landshut, auf das St.-Nikolaus-Hospital und auf den Kreisel am Kueser Brückenkopf. "Hier pulsiert das Leben, hier ist immer was los", unterstreicht der 99-Jährige. Denn selbst in seinem hohen Alter nimmt Kuhn noch rege am Tagesgeschehen "da draußen" teil. Thema Nummer eins ist für ihn, der bis in die 70er-Jahre mit seinem Bruder das "Autohaus Gebrüder Kuhn" führte, der Bereich Verkehr geblieben. An allen pulsierenden Straßen, an Kreuzungen und verkehrsreichen Ecken ist er anzutreffen. Darüber und über das Stadtgeschehen allgemein hat Kuhn auch schon oft seine Meinung öffentlich kundgetan - in Form von zahlreichen Leserbriefen im TV. Sein erster, der 1960 in der damaligen Bernkasteler Zeitung abgdruckt war, hatte bereits das Thema: "Nötiger Kreisel am Kueser Brückenkopf". Den späteren Bau hat er natürlich intensiv mitverfolgt. Begegnen kann man dem kleinen vitalen Mann mit den wachen Augen täglich bei seinem Spaziergang - und das bei jedem Wetter. Sein Weg führt ihn regelmäßig an die Mosel zu Enten und Schwänen. Er genießt das Gespräch mit seinen Mitbürgern, "wobei Leute meines Alters eher rar sind", bemerkt er augenzwinkernd. Und was braucht Felix Kuhn, dessen Vorname der "Glückliche" bedeutet, außerdem zum Wohlbefinden? Natürlich die Tageszeitung. Der TV gehöre schon immer als Nachrichten-Vermittlung und interessante Lokal-Lektüre zu seinem Leben, gibt der eifrige Leser und passionierte Leserbrief-Verfasser gerne zu. Vieles an städtischen Veränderungen, an weltbewegenden Ereignissen hat der alte Herr in seinem langen Leben schon erlebt. "Aber dass ich so alt werde, das hätte ich ja nie gedacht", sagt er mit einem fast lausbübischen Augenaufschlag. "Also stoßen wir an auf die 99", füllt Felix Kuhn die Gläser. Vorher wird die Gesprächspartnerin vom TV nicht entlassen. Dann macht sich Felix Kuhn wieder ausgehfein. Mit Jacke, Hut und Stock geht's los zur täglichen Spazierrunde. Dabei vergisst der 99-Jährige aber nicht, auf eine sehr wichtige Tatsache hinzuweisen. "Der Stock ist nur Beiwerk, den benötige ich nicht - aber wissen Sie, der will ja schließlich auch an die frische Luft", lacht der alte Herr. Und da ist er wieder - der schelmische Blick in seinen Augen.