Fette Jahre und "Alibi-Maßnahmen"

WITTLICH. Der Auftraggeber ist weggebrochen: Seit der Änderungen der Politik der Bundesanstalt für Arbeit, für die das Überbetriebliche Ausbildungszentrum (ÜAZ) früher rund 85 Prozent seiner Maßnahmen erledigte, gilt freier Wettbewerb - allerdings auch "Preisdumping". Die Folge fürs ÜAZ: Von derzeit rund 50 Mitabeitern sollen über zehn entlassen werden.

 Entlassungen gehen weiter: Im ÜAZ soll über zehn Mitarbeitern gekündigt werden.Foto: Marion Maier

Entlassungen gehen weiter: Im ÜAZ soll über zehn Mitarbeitern gekündigt werden.Foto: Marion Maier

Die Infrastruktur ist professionell, die Mitarbeiter haben langjährige Erfahrung. Doch seit Maßnahmen für die Qualifizierung Jugendlicher und Erwachsener für den Arbeitsmarkt bundesweit ausgeschrieben werden, kann man damit nicht mehr punkten, denn der Zweckverband kann sich daran nicht mehr beteiligen. Von "Preisdumping" ist die Rede, auch von "Alibi-Maßnahmen". "Da beteiligen sich welche an den Ausschreibungen, wenn sie den Zuschlag haben, dann erst mieten sie Räume und suchen Personal. Qualität ist nicht einmal ansatzweise gegeben. Sollte das überhaupt auffallen, wird das Ganze selten abgebrochen.ÜAZ hat Aufträge verloren

Ob überhaupt ernsthafte Kontrollen stattfinden, ist fraglich. Da wird für abenteuerliche Träger eine Mordskohle herausgeschleudert. Die Vergabepraxis ist ein Unding. Das wird still- schweigend hingenommen. Man hat kein Interesse, das öffentlich zu machen, denn man tritt seinen Partner nicht auf die Füße", kritisiert ein Insider. Der Vorwurf: Man wölle und müsse sparen, verschiebe das Problem aber nur von einem auf den nächsten Schreibtisch, statt wirklich praktikable Lösungen zu suchen, beziehungsweise die neue Vergabepraxis trotz bekannter Mängel in Frage zu stellen. Fakt ist: Durch die neuen Ausschreibungsbedingungen hat das ÜAZ Aufträge verloren. In der nicht öffentlichen Sitzung des Kreisausschusses am vergangenen Montag wurde der Wirtschaftsplan 2005 vorgestellt und ein Prüfauftrag an eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erteilt. Landrätin Beate Läsch-Weber hat über die Konsequenzen am Mittwoch in einer Personalversammlung des ÜAZ informiert. Im Hinblick auf die jetzige Situation muss der Kreis reagieren, denn im Zweckverband aus Landkreis, IHK und HWK ist geregelt, dass der Landkreis einziger Ausfallbürge ist. Alfons Kuhnen, Pressesprecher der Kreisverwaltung sagt: "Für den Fall, dass der Zweckverband nicht auskömmlich wirtschaftet, ist geregelt, dass diese Kosten ausschließlich vom Landkreis getragen werden." Kuhnen weiter: "Für 2005 sieht der Wirtschaftsplan nicht so gut aus, aber wenn er sich so vollziehen sollte, wie veranschlagt, heißt das, dass der Landkreis noch nicht gefordert ist." Im Klartext: Es wird entlassen, um kein Minus zu machen."Scheibchenweise Schrumpfung"

Am Donnerstag hat sich dazu die Verbandsversammlung getroffen, das Entscheidungsgremium des Zweckverbandes, dem die Landrätin, IHK, HWK und aus dem Kreistag Dieter Burgard (SPD) und Elfriede Meurer (CDU). Nach TV -Informationen soll es Entlassungen geben. Von früher 67 und derzeit noch rund 50 Mitarbeitern sollen bis Ende 2005 unter 40 bleiben. Von Kündigungen im zweistelligen Bereich ist die Rede, zum Teil wegen auslaufender Zeitverträge, oder wie schon geschehen, über betriebsbedingte Kündigungen. Von Insidern wird kritisiert, dass die Schrumpfung scheibchenweise abgewickelt werde, man versuche, "das Ganze mild abzuspecken und mit wenig Aufruhr billig da raus zu kommen". Das sei nicht Schuld der Kreisverwaltung, aber es könne nicht sein, dass man sich gegenseitig auf die Schultern klopfe angesichts einer Politik, deren Ergebnis in der Praxis "ein unterstes Level an pädagogischer Betreuung, sowie qualitätsmäßige Wahnsinnsmaßnahmen" möglich mache, auf Kosten von seriösen Anbietern, wie dem ÜAZ. Hier wisse man zwar, dass "die fetten Jahre" vorbei seien, das sei aber kein Grund, kritiklos Fehlentwicklungen hinzunehmen. Weiterer Bericht folgt.

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