Fiebrige Liebe zum Detail

GRAACH. Dort, wo im Herbst gekeltert wird und Weinfreunde den Graacher Rebensaft probieren, wird zur Zeit gehämmert, gebohrt, genagelt, geleimt und gepinselt. Winzer Uli Weber geht einer besonderen Passion nach: Er will die Graacher Pfarrkirche Simon und Judas im Miniaturformat erstellen - im Maßstab eins zu 50.

Weber betrachtet zufrieden sein Bauwerk, in dessen Realisierung er viel Energie und unzählige Stunden seiner Freizeit gesteckt hat. Der Gedanke an den Nachbau der Pfarrkirche kam ihm bei seinen Besuchen der Wallfahrtskirche in Klausen, deren Modell die Besucher im Kirchen-Innern bewundern können. Warum also nicht auch die eigene Heimatkirche nachbauen? Im vergangenen September setzte Weber die Idee in die Tat um. Da kam ihm seine ehrenamtliche Handwerkerarbeit zugute, denn bei der kürzlichen Renovierung der Graacher Kirche hat er tatkräftig mit angepackt, kaum einer kennt die Kirche vom Keller bis zur Dachspitze so gut wie er. Auch der detaillierte Architektenplan mit dem genauen Grundriss ist ihm eine große Hilfe. Bisher hat der passionierte Hobby-Baumeister mehr als 100 Stunden Arbeit investiert. "Wenn er mal wieder den ganzen Tag in seiner Werkstatt hantiert hat, muss ich ihn abends regelrecht bremsen", lacht Ehefrau Friedchen Weber. Mit Laubsäge, Decoupier-Säge für die kleineren Teile, Bandschleifer und dem Dremel, um die vielen Kleinteile zu schleifen, ging der Hobby-Architekt ans maßstabsgetreue Werk. "Eine Wahnsinnsarbeit", wie Weber zugibt. Ob die unzähligen Anbauten, Außenpfeiler und Dachgauben, die Sakristei, der große Glockenturm und die vielen kleineren Zwiebeltürmchen, die Kirchenfenster, die Außentreppen, das Portal oder die Seiteneingänge - an der Miniaturkirche fehlt nichts. An einem einzigen Dächelchen arbeitet er einen kompletten Abend. Auf dem Turm prangen in güldenem Glanz Wetterhahn, Halbmond und Stern. Und die Turmuhr zeigt sogar die richtige Zeit an. Ihr Geheimnis: Im Inneren hat Weber ein richtiges Uhrwerk eingebaut. Und wenn man vorwitzig in den Turm hineinschaut, sieht man dort die vier Glocken der Pfarrkirche hängen. Fehlt eigentlich nur noch das Geläut. Dann schaltet der Kirchenbauer das Licht an, und die Glasfenster, die Webers Tochter Kerstin mit feinem Strich bemalt hat, erstrahlen in leuchtenden Farben. Selbst die Beleuchtung für die sechs Treppenstufen zum Portal hat der Konstrukteur nicht vergessen. Auch der Heilige Nepomuk hat seinen Platz vor dem Haupteingang. Diese winzige Figur hat Weber auf einem Weihnachtsmarkt gefunden - so wie viele andere Kleinigkeiten. Flohmärkte und Geschäfte für Eisenbahnzubehör hat der Bastler abgegrast, um die vielen kleinen Dinge zu finden, die den lebendigen Reiz seines Werkes ausmachen. So etwa die Kirchgänger oder die Grünanlagen mit Bäumen und Sträuchern. Auch des Pfarrers Auto fehlt nicht auf seinem Stammplatz. Auch wenn Weber sein Werk in Kürze vollendet hat, denkt er nicht ans Aufhören. Das Baufieber hat ihn gepackt. "Es gibt noch so viele schöne historische Gebäude in Graach", sagt er und hat schon die Nachbildung des Josefshofes oder Mattheiserhofes im Kopf.

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