Früh, früher, Solaris

Wintrich · Dieses Datum kann sich sehen lassen: Bereits am 20. August hat Winzer Sascha Ebert in Wintrich mit der Traubenernte begonnen. Möglich macht das eine besonders frühreife Rebensorte namens Solaris. 550 Liter Federweißer sind das Ergebnis. In Rheinhessen waren einige Winzer sogar noch früher dran.

Wintrich. Der Anblick erscheint besorgniserregend - jedenfalls auf den ersten Blick: Ein Weinberg in bester Lage, irgendwo zwischen Brauneberg und Wintrich. Während die Rebstöcke in den Parzellen links und rechts dicke Trauben tragen, herrscht an den Stöcken in diesen drei Reihen gähnende Leere. Von Trauben keine Spur. Nur Blätter so weit das Auge reicht. Zwischendrin immer wieder abgetrennte Stiele - und das Ende August, einen knappen Monat bevor die Ernte in den meisten Weingütern an der Mosel beginnt. Haben etwa Wildschweine, Rehe oder Vögel die Trauben vernichtet?
550 Liter produziert


Die 700 Quadratmeter große Parzelle gehört Sascha Ebert aus Wintrich. Mit seinem Vater Arnold betreibt er das Weingut Ebert im Kestener Weg. Ebert junior steht am Freitagmorgen neben einem seiner traubenlosen Rebstöcke. Besorgt wirkt er allerdings nicht - wieso auch? Schließlich läuft für den jungen Winzer derzeit alles nach Plan. Die Rebstöcke links und rechts von ihm tragen mit Absicht keine Trauben mehr, Ebert hat sie mit einem Vollernter bereits am 20. August ernten lassen. Traubenernte Mitte August? Das klingt rekordverdächtig. Ebert bestätigt: "Zu einem so frühen Zeitpunkt haben wir noch nie geerntet."Geringer Säuregehalt


Sicher hat das milde Klima in diesem Jahr die frühe Ernte mit ermöglicht, aber der Hauptgrund ist die spezielle Rebsorte: Sie trägt den Namen Solaris. Ebert hat sie vor etwa sieben Jahren angepflanzt. Eine Sorte, die sich vor allen Dingen durch ihre frühe Reife und ihren geringen Säuregehalt auszeichnet (siehe Extra Solaris).
"Wir verwenden die Solaris Trauben ausschließlich zur Herstellung von Federweißem", sagt der 38-Jährige. 550 Liter habe die 700 Quadratmeter-Solaris-Parzelle eingebracht.
Dass die Traubenernte an der Mosel bereits am 20. August begonnen hat, überrascht auch Ansgar Schmitz, Geschäftsführer von Moselwein e.V. in Trier. "Schon sehr früh", sei das, findet Schmitz. Doch er weiß: "In Rheinhessen wurde schon Anfang August mit der Ernte von Solaris Trauben begonnen."
Das bestätigt das deutsche Weininstitut in Mainz. Bereits am 8. August seien im rheinhessischen Westhofen die ersten Solaris Beeren gelesen worden. Verantwortlich dafür sei eine außergewöhnlich frühe Rebblüte gewesen, die bereits Ende Mai/Anfang Juni eingesetzt habe, wie das deutsche Weininstitut auf seiner Homepage mitteilt.
Wein wird Sascha Ebert aus seinen Solaris Trauben übrigens nicht machen. "Das bleibt beim Federweißen", sagt der Winzer, der seine Ausbildung beim renommierten Weingut Toni Jost in Bacharach am Rhein absolvierte.
Die Solaris-Ernte war für Ebert allerdings nur der Auftakt in die Saison. Ab September geht es für ihn richtig los. Dann stehen die renommierten Weinsorten Müller-Thorgau, Riesling & Co. auf dem Ernte-Programm.Extra

Bislang hat das Weinjahr 2014 den Winzern viel Freude gemacht. Sie erwarten nach zwei mageren Jahren endlich wieder eine mengenmäßig gute Ernte. Bis Anfang August hatten die Reben auch einen deutlichen Vegetationsvorsprung verglichen mit dem langjährigen Mittel. Das kühle und nasse Wetter der vergangenen Wochen hat diesen Vorsprung aber wieder deutlich schrumpfen lassen. Auf keinen Fall darf es in den kommenden Wochen sehr feucht und warm werden. Denn dann besteht die Gefahr von Fäulnis. Die Menge und Qualität würden leiden. Die Winzer hoffen nun auf einen sonnigen, trockenen Spätsommer. Mit dem Lesebeginn der frühen Sorte Müller-Thurgau (Rivaner) wird für Mitte September gerechnet. Der spät reifende Riesling dürfte auch in diesem Jahr nicht vor Anfang Oktober geerntet werden. simExtra

 Das ist der Beweis: Sascha Ebert hat nach der Lese ein Foto von seinen frisch-geernteten Solaris Trauben gemacht. Foto: privat

Das ist der Beweis: Sascha Ebert hat nach der Lese ein Foto von seinen frisch-geernteten Solaris Trauben gemacht. Foto: privat

Die Rebsorte Solaris wurde im Jahr 1975 am Weinbauinstitut Freiburg gezüchtet. Weil die Trauben sehr früh reifen und bereits Ende August zuckersüß sind, werden sie gerne als Tafeltrauben, für Traubensaft oder zur Herstellung von Federweißem verwendet. Mengenmäßig hat die Sorte keine große Bedeutung. Sie wird in Deutschland auf weniger als 100 Hektar angebaut. Das sind gerade mal 0,1 Prozent der Gesamtrebfläche. Der Name "Solaris" leitet sich von der Sonne ab, die der Sorte aufgrund ihrer Kraft zu einer frühen Reife und zu einer hohen Zuckerleistung verhilft. sim

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