Gastwirt schickt Kaiser zur Konkurrenz

WITTLICH. Der Wittlicher Peter Daus hat ein großes Privat-Archiv. Unter dem Titel "Aus vergilbten Blättern" hat er für den Trierischen Volksfreund daraus die Geschichte eines kaiserlichen Besuchs in der Stadt aufgeschrieben.

Vor 225 Jahren im Mai 1781 hielt sich Kaiser Josef II. auf der Durchreise von Wien nach Luxemburg in Wittlich auf und übernachtete im Hotel "Zum Wolf". Wie das Hotel zu dieser Ehre kam, darüber berichtet die Chronik folgendes: Im "Hotel zur Post", das neben dem "Hotel zum Wolf" lag, hatte man für den kaiserlichen Gast reserviert und alle Vorbereitungen für einen würdigen Empfang getroffen. Der Kaiser liebte es aber, ganz einfach zu reisen und von seiner Person wenig Aufhebens zu machen. Als nun am Abend eine bescheidene Kalesche vor dem "Hotel zur Post" vorfuhr, wie sie die Reisenden jener Zeit zu benutzen pflegten, und die mit ihr angekommenen Gäste also Kaiser Josef II. und Gefolge Quartier begehrten, erklärte der Wirt, er lasse sich nicht zum besten halten, so einfach komme ein Kaiser nicht an, die Herrschaften möchten sich, wenn sie wirklich für die Nacht Unterkommen suchten, nebenan ins "Hotel zum Wolf" bequemen. Das taten dann die Gäste auch, und der Wirt vom "Hotel zur Post" mag am nächsten Morgen ein verdutztes Gesicht gemacht haben, als er erfuhr, dass es tatsächlich der deutsche Kaiser war, dem er die Tür gewiesen und den er zu seinem Konkurrenten geschickt hatte. Dieser aber, der Wirt des "Hotels zum Wolf" wird geschmunzelt haben, und er schrieb an diesem Tage in sein Tagebuch: "Heute am 30. Mai 1781 habe ich die Ehre gehabt, Ihre Fürstlichen Majestät bei mir über Nacht logiert und Trinkgeld gezahlt an meinen Knecht zwei Dukaten, meiner Tochter drei Dukaten und mir selbst zahlte er für die Schlaffung 27 Dukaten, zusammen 32 Dukaten, also ist mir die die groß gnad geschehen vom ganzen Land. (Br. Heintz) Diese Urkunde befindet sich noch heute im "Hotel Well" am Marktplatz. Kaiser Josef II. war der älteste Sohn von Maria Theresia und Kaiser Franz I. Stephan. Josef bevorzugte von früher Jugend an einen einfachen Lebensstil. Er war hochintelligent und gefürchtet für seinen Zynismus. 1754 wurde er zum deutschen König gewählt und nach dem überraschenden Tod seines Vaters 1765 in Frankfurt zum Kaiser gekrönt. Bis zum Tod seiner Mutter 1780 blieb er in Österreich Mitregent. Erst dann konnte er seine Reformpläne voll in die Tat umsetzen. Er schuf das Toleranzpatent (freie Ausübung für alle Religionen), hob die Leibeigenschaft auf und verkleinerte die Rechte der Grundherren. Wenn auch Sie eine historische Anekdote kennen, den Namen eines Hauses oder einer Straße erklären können oder zu einem historischen Ereignis eine persönliche Geschichte zu erzählen haben, schreiben Sie unter dem Stichwort "Stadtgeschichten" mit Namen, Adresse und Telefonnummer an die E-Mail-Adresse mosel@volksfreund.de. Wichtig ist, dass Ihre Geschichte höchstens 60 Druckzeilen (à 30 Anschlägen) umfasst.

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