"Geduld und Ausdauer"

WITTLICH. Die römische Villa in Wittlich ist wieder im Gespräch: Sogar auf der Kappensitzung und beim Zug war sie Thema. Die Öffentlichkeit hat sie wieder entdeckt, und Fachleute, wie Dr. Karl-Josef Gilles, Landesmuseum Trier, beobachten das "Wieder-Erwachen".

Wir hatten im Oktober 2005 Sie als Fachmann zur Römischen Villa befragt. Wie oft waren Sie seither vor Ort?Karl-Josef Gilles: An Ort und Stelle war ich zuletzt am 31. Januar, als bei einem Ortstermin, an dem neben dem Stadtbürgermeister Vertreter des Kultur- und Bauamtes, der Kreisverwaltung, der Forstverwaltung und des Fördervereins teilnahmen, das weitere Vorgehen gemeinsam besprochen wurde. Inwieweit kann das Landesmuseum die Aktivitäten vor Ort unterstützen? Gilles: Eine finanzielle Unterstützung durch das Landesmuseum ist leider nicht möglich. Unsere bescheidenen Mittel werden ausschließlich zur Finanzierung der vielfältigen Grabungsverpflichtungen benötigt. Wir unterstützen aber gerne mit Rat - eventuell notwendigen kleineren Sondagen - die Stadt und den Förderverein bei ihrem Bemühen, der Römischen Villa Wittlich wieder den Rang zukommen zu lassen, der ihr aufgrund ihrer Bedeutung zusteht. Damals im Interview mit Ihnen war ein Förderverein ja einfach mal ins Blaue hinein in den Raum gestellt worden. Jetzt gibt es ihn...Gilles: Ich habe kaum gehofft, dass die Umsetzung dieser Idee oder dieses Wunsches so schnell realisiert würde. Bis dahin hatte ich eher den Eindruck gewonnen, dass man in Wittlich mit seinem außergewöhnlichen Denkmal aus der Römerzeit eher gleichgültig umgeht. Engagierte Wittlicher Bürger haben mit der Gründung des Fördervereins auch die Verwaltung gezwungen, sich stärker zu engagieren. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass man nun gemeinsam alle Möglichkeiten ausschöpft, um die von Vergessenheit und vom Verfall bedrohte Villa für die Nachwelt als wesentlichen Teil der Geschichte von Wittlich zu erhalten. Weitere Fortschritte: Das Gelände ist freigeschnitten, das Dach wird repariert statt abgerissen. Dinge, die sie damals gefordert hatten. Was wäre denn jetzt aus Sicht des Historikers anzupacken?Gilles: Damit wurden wesentliche Schritte veranlasst, die den weiteren Verfall der Villa wie ihres Schutzbaues stoppen dürften. Wie mir Bürgermeister Ralf Bußmer vor kurzem mitteilte, ist inzwischen auch die Sicherung und Wiederherstellung der frost- oder witterungsgeschädigten Mauerteile beauftragt. Für die Zukunft muss zunächst eine neue Fußwegführung, die Anfertigung weiterer oder neuer Schautafeln, aber auch eine - natürlich über Jahre gestreckte - Aufwertung der antiken Baureste in Angriff genommen werden. Wesentlich ist es auch, dem Besucher die ungeheuren Ausmaße der Villa -140 Meter Breite - zu verdeutlichen. Dies könnte einerseits durch die Sanierung und Darstellung einzelner Mauerkronen, andererseits durch den Bewuchs - Hecke oder ähnliches - erreicht werden. Was wünschen Sie denen, die sich von Verwaltungs- und Fördervereinsseite für den Erhalt der römischen Villa einsetzen?Gilles: Geduld und Ausdauer. Bisher ist in kurzer Zeit schon wesentlich mehr erreicht worden, als ich vor rund sechs Monaten gehofft hatte. Vielleicht finden sich ja noch weitere Sponsoren, die es möglich machen, aus der Villa für Wittlich ein archäologisches Highlight zu machen. Doch muss man sich aufgrund der überschaubaren Mittel zunächst auf das unbedingt Notwendige beschränken. Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden! Hätten Sie vor knapp einem halben Jahr gedacht, dass, pardon, alte Steine, noch einmal einen solchen Wirbel machen könnten, oder anders gefragt: Was sagen Sie denen, die jetzt mosern, man solle Geld/Enthusiasmus lieber anders investieren.Gilles: Wer die Rettung eines so bedeutenden Kulturdenkmals in Frage stellt, müsste alle kulturellen Einrichtungen auf den Prüfstand stellen. Das kann doch wohl niemand allen Ernstes wollen. Mit dem Verfall oder der Zerstörung der Villa ginge ein wesentliches Stück Wittlicher Identität verloren. Eigentlich stehen wir in der Pflicht, diese Reste nicht nur für die Kulturinteressierten, für die Jugend als herausragendes Beispiel der römischen Vergangenheit ihrer Heimat und vor allem der Nachwelt zu erhalten. Denn die antiken Reste und Spuren werden von Jahr zu Jahr weniger. * Die Fragen stellte unsere Redakteurin Sonja Sünnen.

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