Gefühlte Lebensqualität

Gäbe es keine Neuverschuldung, wäre die Freude im Verbandsgemeinderat Bernkastel-Kues einhellig. Gleichwohl ist der Etat für 2008 unspektakulär. Im kommenden Jahr warten aber einige Brocken.

Bernkastel-Kues. Es ist wie immer in der Amtszeit von Ulf Hangert. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues würzt seine Haushaltsrede mit Zitaten gelehrter Menschen und philosophischen Weisheiten. Und vor allen Dingen: Er liest nicht von einem Manuskript ab, sondern spricht frei. Der CDU-Politiker zitiert unter anderem die SPD-Ikone Willy Brandt. Der habe als Bundeskanzler im Jahr 1973 erstmals den Begriff "Lebensqualität" erwähnt. Ulf Hangert wendet den Begriff auch für die VG Bernkastel-Kues an. "Die gefühlte Lebensqualität ist sehr hoch bei uns", sagt er. Zum Etat ist nicht viel anzumerken. "Er ist solide, auf die Zukunft gerichtet, aber wenig spektakulär." Wichtig ist, dass er ausgeglichen ist. Der Verwaltungshaushalt liegt in Einnahmen und Ausgaben bei jeweils 9,583 Millionen Euro. Die freie Spitze in Höhe von 80 000 Euro kommt dem Vermögensetat zugute. Größter Posten sind die Personalkosten mit 3, 9 Millionen Euro. Der Vermögensetat beläuft sich auf jeweils 2,508 Millionen Euro. Die größten Investitionen: 145 000 Euro für ein Löschfahrzeug für die Kleinicher Feuerwehr, 175 000 Euro für den Neubau des Kleinicher Feuerwehr-Gerätehauses, 150 000 für die Planungen eines Gerätehauses in Zeltingen-Rachtig, 540 000 Euro für die Erweiterung der Grundschule Mülheim, die seit wenigen Monaten Ganztagsschule ist, 265 000 Euro für die Sanierung der großen Sporthalle in Bernkastel-Kues. Um den Etat zu finanzieren, ist eine Nettokreditaufnahme von etwa 500 000 Euro notwendig. Dadurch erhöhen sich die Schulden der VG auf etwa 9,5 Millionen Euro. Genau diese Neuverschuldung führt dazu, dass es bei der Abstimmung zu keinem einheitlichen Votum kommt. Grüne und VBB (Vereinigung Bürger für Bürger) lehnen das Zahlenwerk ab. Sie hätten lieber eine Forcierung des Schuldenabbaus gesehen. Auch die SPD sieht die Netto-Neuverschuldung mit Sorge, stimmt dem Zahlenwerk allerdings, genau wie CDU, FDP und Freie Liste, zu. Die SPD baut darauf, dass es in Zukunft in den Bereichen Schule, Kindergarten und Feuerwehr zu mehr Zusammenarbeit zwischen den Ortsgemeinden kommt, was dann auch mit finanziellen Ersparnissen einhergehe. Alle Fraktionen drängen auf eine Neuordnung der touristischen Zuständigkeiten. Ein in Auftrag gegebenes Gutachten liegt noch nicht vor. "Hier muss unbedingt eine andere organisatorische Lösung gefunden werden", forderte beispielsweise Eduard Arens von der CDU, die die größte Fraktion stellt. Der Fehlbedarf im Bereich Tourismus wird sich bei etwa 367 000 Euro bewegen. Und ein Brocken wartet natürlich: der zehnprozentige Anteil an den auf 14 Millionen Euro geschätzten Kosten für den Hochwasserdamm in Kesten. 2008 sind vorerst nur 50 000 Euro eingeplant. Meinung Herausforderungen warten Unspektakulär ist sicher der richtige Ausdruck für das Zahlenwerk, das der Verbandsgemeinderat Bernkastel-Kues am Donnerstagabend verabschiedet hat. Selbst Grüne und VBB sind nicht unzufrieden, obwohl sie die Zustimmung verweigerten. Die Preise für Wasser und Abwasser bleiben gleich, die Umlage ist im Jahresverlauf zwei Mal gesenkt worden, was den Orten und der Stadt Bernkastel-Kues mehr Spielraum lässt. Doch es warten Herausforderungen finanzieller und organisatorischer Natur: der Hochwasserdamm Kesten, die unbedingt notwendige Neuordnung der touristischen Strukturen, die Verwaltungsreform sowie die neue Art der Haushaltsführung (Doppik). Bürgermeister Ulf Hangert kündigt für 2008 grundlegende Entscheidungen an. Es gebe einige Nüsse zu knacken. Bleibt also abzuwarten, ob es bei der Haushaltsberatung Ende 2008 genauso unspektakulär und friedlich zugeht wie in diesem Jahr. c.beckmann@volksfreund.de

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