Geglückte Symbiose

ZELL. (gkl) Die Orgellandschaft an der Mittelmosel ist mit ihren vielfältigen neuen und historischen Instrumenten sehr reichhaltig. In der Zeller Pfarrkirche St. Peter wird am kommenden Sonntag eine Orgel eingeweiht, die diese Landschaft bereichern wird.

1789 erstellte die Werkstatt der Gebrüder Stumm aus Rhaunen im Hunsrück eine neue Orgel für die katholische Pfarrkirche St. Peter in Zell. Verantwortlich für die Ausführung war die inzwischen dritte Generation der Familie unter der Federführung von Friedrich Carl Stumm, der sich stilistisch sehr an seinen Vorgängern orientierte. Nach dem Weihnachtsfest des Jahres 1789 konnte das Instrument in Zell mit seinen 26 Registern erklingen, wofür der Meister einen Betrag von 2200 Gulden erhielt. Begründet wurde die Werkstatt, die Rhaunen zumindest auf musikalischem Gebiet weit über den Hunsrück hinaus bekannt gemacht hat, im Jahre 1722 durch Johann Michael. Eines seiner größten Instrumente ist die Orgel in der Pauluskirche im pfälzischen Kirchheimbolanden, auf der auch Wolfgang Amadeus Mozart im Jahre 1778 gespielt hat. Insgesamt waren es 370 Orgeln, die aus der Stumm'schen Werkstatt in 198 Jahren ausgeliefert wurden. 140 davon sind bis in unsere Tage vollständig oder teilweise erhalten. Die Zeller Orgel ereilte dasselbe Schicksal, das viele historische Instrumente hinnehmen mussten. Mehrfach wurde sie dem Zeitgeschmack angepasst. Zuletzt im Jahre 1940 durch einen Trierer Orgelbauer. Diese Arbeit war so gründlich, dass man, sieht man vom Gehäuse ab, nicht mehr von einer Stummorgel reden konnte. Inzwischen hat man sich in Zell auf die Geschichte besonnen, der Stummorgel erinnert und den Auftrag für ein neues Instrument erteilt. Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr kann die Orgelbaufirma Weimbs aus Hellenthal in der Eifel an der Mittelmosel eine neue Orgel bauen, die sich an einem historischen Vorbild orientiert. Zu Ostern erst wurde die neue Orgel in der Marienkirche in Rachtig eingeweiht (der TV berichtete). In Zell bestand die Aufgabe des Orgelbaumeisters Friedbert Weimbs nicht in einer Rekonstruktion, wohl aber in einem Neubau, der sich dicht an der Charakteristik der Stummschen Instrumente orientiert.Kraftvolle Prinzipale, liebliche Flöten

Viele Reisen hat Weimbs hierfür unternommen, noch bestehende Orgeln studiert und sich mit Kollegen, die ähnliche Aufgaben schon gemeistert hatten, ausgetauscht. Was jetzt voll Stolz auf der Empore des Gotteshauses steht, ist ein eigenständiges Instrument, das in allen klanglichen Facetten belegt, wie intensiv Weimbs sich in die Klangwelt des ursprünglichen Erbauers hinein versetzt hat. Gleichzeitig aber ist auch die Handschrift des heutigen Meisters zu erleben. Stummorgeln, zumindest die aus den ersten Generationen, haben sich immer durch einen kräftigen, fast schon derben Klang ausgezeichnet und gerade deshalb ihren ganz eigenen Charme besessen. Auch das Zeller Instrument kann für sich nicht in Anspruch nehmen, ein zartes Pflänzchen zu sein. Kraftvoll erklingen seine Prinzipale, seine Mixturen, seine Zungenstimmen und erfüllen mühelos das Kirchenschiff. Aber es sind auch weiche, liebliche Flöten vertreten, die das Ohr umschmeicheln, deren Klang sich sanft ausbreitet. Von einer geglückten Symbiose aus historisch Überliefertem und Neuem kann man bei dieser Orgel sprechen. Mit der Orgel in Zell, die am kommenden Sonntag um 10 Uhr durch den Trierer Weihbischof Jörg Michael Peters eingeweiht und um 17 Uhr erstmals konzertant, gespielt durch Domorganist Josef Still, erklingen wird, erhält die Region ein neues Instrument, das in dieser ohnehin schon reichhaltigen Orgellandschaft ein wichtiger, Baustein sein wird.

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