Geldstrafe nach tragischem Unfall

Bernkastel-Kues · Ein Mensch, Ehemann und Vater, ist tot. Der Unfallverursacher leidet fast ein Jahr nach dem Geschehen auf der L 47 bei Maring-Noviand auch noch unter den Folgen. Eine der Hauptfragen bei Gericht: Handelte er rücksichtslos?

Bernkastel-Kues. Dass es fahrlässige Tötung war, steht außer Frage. Doch hat der Angeklagte rücksichtslos gehandelt, als er im Mai vergangenen Jahres auf der L 47 zwischen Maring-Noviand und Osann-Monzel zum Überholen ansetzte und mit einem entgegenkommenden Wagen kollidierte, dessen Fahrer starb? Diese Frage ist beim Strafmaß von Bedeutung. Ja, er war rücksichtslos, sagt Staatsanwältin Susanne de Renet und fordert eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten (auf Bewährung) und eine Geldbuße von 3000 Euro. Nein, er war es nicht, sagen Verteidiger Roderich Schmitz und der Richter Oliver Emmer hält eine Geldstrafe von 4050 Euro für ausreichend. Auch weil der Mann bis dato noch nie mit dem Strafgesetz in Konflikt kam und selbst noch physisch und psychisch unter den Folgen des Unfalls leidet.
Was ist am 8. Mai 2014 im morgendlichen Berufsverkehr und bei bestem Wetter passiert? Relativ langsam fährt eine Kolonne von Fahrzeugen hinter der Mül heimer Brücke die Anhöhe hinauf. Auch bei der Ausfahrt zur Tankstelle in Noviand ist die Geschwindigkeit nicht hoch, dort gilt Tempo 70.
Danach geht es auf der gut einsehbaren Strecke schneller voran. Der Angeklagte hat drei Fahrzeuge, darunter einen Sattelschlepper, vor sich. Er schließt zu dem Vorausfahrenden auf und zieht auf die Gegenfahrbahn. Und dann knallt es bei einer Geschwindigkeit die, laut Gutachter Gerd Wagner, bei jeweils 100 Stundenkilometern gelegen haben dürfte. Der Wagen des entgegenkommenden Familienvaters gerät in Brand.
Andere Verkehrsteilnehmer sind schnell mit Feuerlöschern zur Stelle. Der Fahrer stirbt noch am Unfallort an einem Schädel-Hirn-Trauma. Der schwerverletzte Unfallverursacher wird ins Wittlicher Krankenhaus gebracht.
Er sagt aus, dass er nur kurz rausgezogen sei, um zu schauen, ob ein Fahrzeug kommt. Da dies der Fall gewesen sei, sei er zurück auf seine Spur. Danach habe seine Erinnerung ausgesetzt.
Dass diese Version nicht stimmen kann, erläutert Gerd Wagner in seinem umfangreichen Gutachten. Staatsanwältin und Richter unterstellen dem Angeklagten allerdings nicht, dass er seine Version absichtlich zu Protokoll gibt. "Vielleicht glauben Sie es selbst, um besser damit umgehen zu können", sagt die Staatsanwältin.
Richter Emmer spricht in der Urteilsbegründung von einem "Augenblicksversagen, dem kein bewusster Vorgang voranging". Der Angeklagte habe den entgegenkommenden Wagen offenbar einfach übersehen.
So lässt sich auch die Aussage eines hinter dem Angeklagten fahrenden Zeugen interpretieren. "Er hat geblinkt und ist dann so gefahren, als sei er sich sicher: Es ist alles frei."
Der auf Krücken gehende Angeklagte entschuldigt sich vor Gericht: "Es vergeht kein Tag, ohne an den schrecklichen Unfall zu denken und daran den Kindern ihren Vater und der Frau ihren Mann genommen zu haben." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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