Gemeinde mit großem Zuwachs

HOCHSCHEID. In Hochscheid wird Gemeinsinn noch groß geschrieben. Steigende Einwohnerzahlen lassen darauf schließen, dass die Bürger Nachteile wie Fahrten zu Arbeit, Schule, Kindergarten oder zum Einkaufen dafür gern in Kauf nehmen.

Dass in einem Dorf jeder jedem hilft, ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Um so erfreulicher, wenn sich Werte wie diese ebenso gehalten haben wie die Brauchtumspflege. Für die in Longkamp aufgewachsene Elke Beyna sind das auf jeden Fall gute Gründe, sich in Hochscheid wohl zu fühlen. Sicher, sie müssten alle fahren: zur Arbeit, zum ganztags geöffneten Kirchspiels-Kindergarten in Kleinich, zur Schule nach Morbach und hoffentlich auch bald wieder zum derzeit geschlossenen Kleinicher Hallenbad. Aber, so die 36-Jährige mit einem Blick über ihren neu angelegten Garten und die Natur rings herum: "Auf der anderen Seite nimmt man das gern in Kauf." Neben den bewahrten Traditionen wie Osterbahn, Pfingstkrone und Pfingstquack findet sie den Zusammenhalt im Ort schön. Dieser bewährt sich beim Brunnenfest und zeigt sich im Mitein-ander von Musik- und Turnverein, Feuerwehr, Kegelclub. "Die Kinder können hier wirklich noch frei aufwachsen und sich entfalten", erzählt die Mutter dreier Sprösslinge von 16 bis fünf Jahren. Die besten Karten hat derzeit Jochen, der älteste. Als einziger seiner Geschwister, weil über 14, kann der Lehrling den Jugendraum nutzen, den bereits seine Eltern zu schätzen wussten. Seit fast 30 Jahren gibt es dieses Angebot laut Bürgermeister Dieter Müller. Michael Beyna, 39, erinnert sich, dort Boden verlegt und Wände angemalt zu haben. Den Erwachsenen steht stattdessen eine "Dorfkneipe" im renovierten Gemeinhaus zur Verfügung. In der "Römer Stube" schob schon ihr Bürgermeister einige Monate nach Bedarf Dienst, bis neue Pächter gefunden waren. Die jetzigen backen alle 14 Tage im Steinbackofen des Gemeindehauses Brot. Für die Jüngeren sind die Möglichkeiten im 270-Einwohner-Ort begrenzt. Ein Höhepunkt ist der alle zwei Jahre von der Gemeinde initiierte Tagesausflug - als Dank für das singende und dichtende Engagement der unter 15-Jährigen an Fastnacht und Weihnachten. Die 13-Jährige Nadine würde sich einen Platz zum Skaten wünschen. Ob sie dafür neben Musikproben und Ausreiten mit ihrer Mutter auch Zeit hätte, ist eine andere Frage. Ihrem fünfjährigen Bruder Sammy gefällt eigentlich alles im Dorf gut - fast: "Außer da oben der Spielplatz - der ist nämlich kaputt." Grund dafür ist, dass auf dem alten Platz nicht mehr investiert werden soll, weil ein neuer im Baugebiet "Auf der Heide" geplant ist. Doch können bis dahin laut Müller zwei Jahre vergehen. Daher überlegt er, "ob wir noch was hinstellen dieses Jahr." Eine Alternative wäre der Spielplatz der Lebenshilfe, ein Ferienheim für Behinderte, wofür leider eine Erlaubnis fehlt. Abgesehen vom künftigen Baugebiet hält die Gemeinde für Hochscheider drei erschlossene Bauplätze vor. Zu einem Preis von gut 14 Euro plus Erschließungskosten. Ausreichende Spielmöglichkeiten für Kinder sind für den Ort schon deshalb wichtig, weil er in 2002 einen Einwohner-Zuwachs um 3,5 Prozent zu hatte. Viele Arbeitsplätze vor Ort

Womit Hochscheid in der VG Bernkastel-Kues eine Ausnahme darstellt. Denn dort ist lediglich jede zweite Kommune nur gering gewachsen. Zur Attraktivität trägt die gute Verkehrsanbindung sowie die Zahl der Arbeitsplätze bei: Die Firma Decker-Holz hat 100 Beschäftigte, hinzu kommen rund ein Dutzend beim Autohaus Boos sowie die bei der Spedition Roth. Außerdem gibt es eine Schreinerei, einen Gehäusebauer und einen Kunsthandwerker. Geschäfte gibt's keine. Zum Einkaufen fahren die Hochscheider nach Morbach, Rhaunen und Simmern.

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