Großer Bahnhof für Großes Mausohr

Hunderte Besucher des ersten Fledermaus-Festivals haben dank spezieller Licht- und Kameratechnik das nächtliche Treiben von Fledermäusen beobachten können. Mehr als 4000 Tiere haben sich im Dachboden der Reiler Kirche, dem größten Sommerquartier in Rheinland-Pfalz, eingerichtet.

Reil. Kurz vor 22 Uhr ist die Spannung riesengroß. Wird wirklich etwas zu sehen sein von den im Dunkeln ausschwärmenden Fledermäusen? Gebannt beobachten die Besucher des ersten Fledermaus-Festivals in Reil die einzige offene Dachgaube. Dann endlich ist es so weit: Die erste Fledermaus flattert hinaus in die Nacht. Begeisterte Rufe begleiten sie ein Stück auf ihrem Weg. Andere Bewohner der Wochenstube des Großen Mausohrs lassen nicht auf sich warten. Nur einige wenige kehren, erschreckt von der Helligkeit rings um die Kirche, flugs wieder um.

Dank Infrarot-Kameras ist das Hin und Her auf einer Leinwand im Freien gut zu erkennen. Ebenso wie zuvor das in der Kirche live übertragene Geschehen in der Wochenstube. Über Stunden haben Besucher die kopfüber an Sparren und Brettern hängenden Tiere beobachten können. Waren diese anfangs noch träge, so wurden sie nach und nach munter und machten sich schließlich mit Dachboden-Rundflügen fit für die Futtersuche. Ortsbürgermeister Artur Greis ist stolz, dass Reil eine solche Wochenstube hat. Die Mausohr-Kolonie zeige, "dass hier bei uns die Natur noch in Ordnung ist", freut er sich vor Hunderten, teils von weit angereisten Gästen. Bürger und Gäste könnten sich wohlfühlen, bekräftigt Bürgermeister Otto Maria Bastgen.

Fest für 4000 tierische Mitbewohner



Daher sei es an der Zeit, bei all den vielen Festen auch mal eines für die mehr als 4000 Mitbewohner unterm Kirchendach auszurichten. Auch Dagmar Barzen feiert mit als am Ort wohnende Präsidentin der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, der Oberen Naturschutzbehörde. Ihre Behörde widme sich seit Jahren dem Schutz von Wochenstuben und Winterquartieren. Daher freut sie sich über die nur wenigen freien Plätze in der 500 Personen fassenden Kirche, sowie die vielen Leute, die die Festivalstimmung im Freien genießen.

Dass Fledermäuse darüber hinaus faszinierende Lebewesen sind, führt Experte Karl Kugelschafter vor Augen. Die Spezies sei schon vor 50 Millionen Jahren voll entwickelt gewesen, spricht er von einem "Erfolgsmodell" der Natur.

Die Reiler kommen mit den Tieren prima parat. "Die halten mir den Gartenteich frei von Ungeziefer", erklärt Raimund Roos. Bernd Burg spricht den Kirchendachboden-Reinigern Lob aus, dem Arbeitskreis Fledermaus-Schutz. Andreas Kiefer, der dem Zusammenschluss rheinland-pfälzischer Fledermausschützer angehört, weiß, dass in Reil nicht nur das Große Mausohr heimisch ist. Im Ort lebten sieben Arten. Fasziniert von den Tieren sind auch die Kinder.

Luca (13) ist beeindruckt, dass Fledermäuse nachts fliegen können. Die Erstklässler Lasse und Noah interessieren sich generell für Tiere und Natur.

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