Große und kleine Wunder

TRABEN-TRARBACH. "Als wir jung waren …" so heißt das Buch des Erzählkreises "Erlebte Geschichte" des Kreisarchivs Bernkastel-Wittlich und der Akademie Kues. Einige der zehn Autoren haben ihre Texte im Mittelmoselmuseum in Traben-Trarbach vorgelesen.

Wohl keiner der meist älteren Zuhörer konnte sich vorstellen, dass seit den geschilderten Ereignissen, während und nach des Zweiten Weltkriegs so viel Zeit verstrichen ist, so lebendig und ergreifend waren die Schilderungen. Das Museum besuchten an diesem Sonntag mehr als 100 Gäste. Die Stühle reichten nicht aus, um allen Interessierten Platz zu bieten. Es wurden laufend neue Sitzgelegenheiten herbei geschafft. Die Autoren wohnen im Kreis Bernkastel-Wittlich, sind aber zum Teil erst durch die Kriegswirren hierher gekommen. So zum Beispiel das Ehepaar Ebert, das aus Schlesien vertrieben wurde und nach einigen Irrungen nach Wittlich fand. Beide schilderten ihren Neuanfang und die allgemeinen Umstände ausführlich. Andere Beiträge sind im Platt der Eifel oder der Mosel wiedergegeben. Karlheinz Moseler berichtete zum Beispiel in Zeltinger Platt über Schwarzmarkt, Tauschgeschäfte - und sah alles mit Humor. Katharina Pawelke erzählte in Dreiser Mundart von den Ereignissen während dieser Ausnahmezeit in ihrem Leben: Wie der Vater am Ende des Krieges noch einberufen wurde, und die Familie jahrelang nicht wusste, ob er noch am Leben sei. Dann, eines Tages, stand ein zerlumpter, magerer Vagabund in der Küche. Der Jüngste Spross versteckte sich unter dem Tisch und fürchtete sich. Er hatte seinen Vater noch nie gesehen. Der älteste Schreiber, Karl Musseleck (Jahrgang 1915), und seine Frau Maria waren leider durch Krankheit verhindert. Seine Berichte waren voller großer und kleiner Wunder: Wäre er nach Kriegsende zu einem ihm bekannten Wittlicher auf ein Kuhgespann gestiegen, er hätte vier Jahre Gefangenschaft nicht durchmachen müssen. Aber auch Glück bringende "Zufälle" gab es in seinen Erzählungen, die sehr ausführlich und spannend sind. Auch Anna-Katharina Goebel war durch eine Grippe verhindert. Einige Beiträge las stattdessen Claudia Schmitt vom Kreisarchiv vor. Von ihr stammte auch die Idee, vor drei Jahren den Erzählkreis zu gründen und die Erlebnisse für die Nachwelt festzuhalten. Einmal im Monat treffen sich die Mitglieder im Kreisarchiv oder der Akademie Kues. Das Buch in DIN-A4-Format war bereits zwei Mal ausverkauft. Es wird aber in rund drei Wochen für fünf Euro im Kreisarchiv zu erwerben sein. Vorbestellungen sind möglich.

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