Grünbrücke führt aufs offene Feld

WITTLICH/HASBORN. Mindestens eine Millionen Euro soll die Wildbrücke beim Autobahnkreuz Wittlich kosten. Doch Jäger und Umweltschützer halten den ausgewählten Platz für unsinnig. Sie fordern einen Übergang an einem anderen Autobahnabschnitt.

Der ehemalige Forstoberamtsrat Bernd Krewer aus Kinderbeuern staunte nicht schlecht, als ihm kürzlich zu Ohren kam, dass eine so genannte Grünbrücke über die A 1 unmittelbar hinter dem neuen Autobahnkreuz A 1/A 60 in Richtung Trier geplant ist. Sofort setzte er sich mit dem TV in Verbindung: "Es ist absolut sicher, dass die Grünbrücke an dieser Stelle unsinnig ist", beschwerte er sich über den geplanten Bau der Brücke, die es Wildtieren ermöglichen soll, die Autobahn zu überwinden. Kostenpunkt für eine solche Brücke, wie man sie über die Autobahnen des Großherzogtums Luxemburg kennt: eine bis eineinhalb Millionen Euro.Alter Fernwechsel durch den Kondelwald

Zwar fordert der Rotwildring Cochem-Kondel, dessen Geschäftsführer Krewer lange war, zusammen mit der Ortsgruppe des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), vertreten durch seine Vorsitzende Gertrud Elsen, seit Jahren eine Wildbrücke jedoch ein paar Kilometer weiter, an der A 1 in Höhe von Hasborn. Dort tut eine Brücke Not, da ist man sich sicher: "Hier führt ein alter Fernwechsel aus der Eifel in den Kondelwald", so Krewer. Dokumentationen über Unfälle mit Rotwildbeteiligung aus der Zeit vor der Errichtung des Wildschutzzaunes entlang der Fahrbahn belegen die Sinnhaftigkeit dieser Forderung. Tier-Trampelpfade neben der Autobahn sind laut Jägerschaft ein weiteres Indiz.

Bereits vor Jahren drehte der Südwest-Rundfunk eine Dokumentation über die Forderung von Nabu und Jägern, dem Rotwild bei Hasborn einen Übergang zu ermöglichen. Dadurch könnte die genetische Isolation des Rotwildes im Kondelwald aufgehoben werden. "Verinselte Tierpopulation" ist der Fachbegriff für die derzeitige Situation des Kondelwildes. Billiger als im Wittlicher Tal wäre der Bau bei Hasborn ohnehin: Hier verläuft die Fahrbahndecke nicht eben zum sie umgebenden Gelände, sondern in einer Schneise, wodurch sich das aufwändige Aufschütten von Erdreich erübrigen würde. Hermann Bornmüller, Forstdirektor im Ruhestand, hatte im Landespflegebeirat "per Zufall" von der am Autobahnkreuz Wittlich geplanten Brücke erfahren. An einer Stelle, die die Tiere statt in sicheren Wald bereits nach wenigen Metern ins freie Feld und nach kurzer Strecke in die nicht abgesicherte Bahntrasse Koblenz-Trier leitet, sehen Bornmüller und Krewer keinerlei Bedarf für diese Grünbrücke. Krewer vermutet, dass die teure Brücke wohl für die "Leittierart Wildkatze" konzipiert sei - aber auch der werde sie nichts nutzen. "Auch die Wildkatzen bevorzugen eindeutig den Wald gegenüber dem freien Feld, auf das die Brücke sie leiten würde."

Der Landesbetrieb Straßen und Verkehr in Trier sieht die Sache anders. "Die gewünschte Grünbrücke bei Hasborn steht in keinem funktionalen Zusammenhang zu der zirka eineinhalb Kilometer südlich des Autobahnkreuzes A 1/A 60 vorgesehenen Grünbrücke", sagt Michael Bartnick. Im Zuge der Eingriffe der B 50 neu sei diese Brücke bei Wittlich als Kompensationsmaßnahme gedacht. Die Sinnhaftigkeit sei sehr wohl überprüft und festgestellt worden, so Bartnick: "Unter anderem wurden alle Träger öffentlicher Belange, insbesondere aber auch alle betroffenen Fachbehörden beteiligt."

Seit Juli 2003 ist der Planfeststellungsbeschluss zum Bau des ersten Abschnitts der B 50 neu vom Autobahnkreuz Wittlich bis Platten samt der umstrittenen Wildbrücke rechtskräftig. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatte gegen den Beschluss geklagt, vor Gericht aber nicht Recht bekommen. Krewers Meinung ändert sich durch die Sichtweise der Richter nicht: "Eine Wildbrücke am Autobahnkreuz Wittlich ist so sinnvoll wie ein Supermarkt inmitten der Sahara."

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