Grüne Äste, schwarze Zahlen

REIL. Der Einschlag von Fichtenholz ist in der Regel die Haupteinnahmequelle in der hiesigen Forstwirtschaft. Der Reiler Gemeindewald hat darüber hinaus eine hohe Einnahme durch den Verkauf von Schmuckreisig. Rund 20 000 Euro kommen dadurch Jahr für Jahr zusammen.

Die Monate Februar und März 1990 sind jedem Förster noch in sehr schlechter Erinnerung. Damals fegten kurz nacheinander die Stürme "Vivian" und "Wiebke" über Südwestdeutschland hinweg und legten zig Tausende von Hektar Wald um. Der Gemeindewald von Reil - er umfasst insgesamt 550 Hektar - war besonders schlimm betroffen. Rund 50 Hektar Fichtenhölzer gingen laut Revierförster Thomas Kreten sofort verloren und in der Folgezeit noch einmal 20 Hektar durch Borkenkäferbefall und weiteren Windwurf. Das waren rund 90 Prozent der Altfichtenbestände im Reiler Forst. Weil das Fichtenholz das finanzielle Rückgrat eines jeden Forstbetriebs in unserer Region ist, war der Verlust besonders schmerzlich. Kreten: "Auf 30 Jahre hin sind in diesem Bereich keine Erträge zu erwarten." Man entschied sich damals, auf 15 Hektar Windwurffläche die Baumart "abies nobilis" anzupflanzen, eine Edeltannenart aus Nordamerika. Diese Bäume bringen innerhalb von zehn Jahren den ersten "Ertrag", und zwar in Form von Schmuckreisig. Der Baum gedeiht besonders gut auf feuchten aber nicht zu nassen Böden. Spätfrost mag er überhaupt nicht gern. Deshalb wird die Tanne gern - wie auch in Reil - an Hängen gepflanzt und weniger im Tal oder auf dem Höhenplateau. Der Schnitt der Äste erfolgt alle zwei Jahre, sie werden für die Herstellung von Adventskränzen, Gestecken und Grabschmuck verwendet.Ernte im Herbst sehr arbeitsintensiv

Je nachdem welch stattliche Höhe die Bäume erreicht haben, können in Reil rund 35 000 Kilogramm dieser begehrten Äste geerntet werden. Abnehmer sind Großhändler, die das Grün wiederum an kleinere Händler oder direkt an Gärtnereien liefern. Die Ernte - sie erfolgt im Oktober und November - ist arbeitsintensiv. Maschinen sind nicht einsetzbar. Die Großhändler schicken daher polnische Saisonarbeitskräfte in die Forstreviere, die die schwere Arbeit übernehmen. Und weil auch das Kranzbinden in Polen oder Tschechien wegen der niedrigeren Arbeitslöhne lukrativer ist als in Deutschland, werden große Mengen des Grüns nach Osteuropa transportiert. Zurück kommen die fertigen Kränze, die dann im Discounter oder Supermarkt preisgünstig angeboten werden. Bevor die "abilies nobilis" Ertrag bringt, verlangt sie eine sorgsame Pflege. Die jungen Bäumchen müssen von Unkraut frei gehalten werden und die Kultur muss zum Schutz vor Wildverbiss eingezäunt werden. Revierförster Thomas Kreten schätzt, dass rund 8000 Euro pro Hektar investiert werden müssen, bis geerntet werden kann. Vor allem in Dänemark hat man sich auf den Anbau von "abilies nobilis" spezialisiert. Dort bleiben die Bäume 40 Jahre stehen, werden dann gefällt und durch neue ersetzt. Der Preis für Schmuckreisig ist zuletzt etwas unter Druck geraten, weil der Anbau in Ostdeutschland mit Fördergeldern forciert wurde.

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