Gute Luft und weite Aussicht

STARKENBURG. Geschäfte haben die 240 Starkenburger keine mehr. Dafür aber haben sie ein Panorama, das an der Mosel seinesgleichen sucht.

Von seiner Lage her dürfte Starkenburg einmalig sein. Von hoch oben schauen die 240 Bürger auf die Mosel. Ähnlich wie die Sponheimerin Loretta in der Zeit ihres Konfliktes mit Kurfürst Balduin. Spuren der mutigen Frau finden sich bis heute in den Mauerresten ihrer Burg, die auf dem "Zwengel", wie die Starkenburger den Burgfelsen nennen, stand. Ebenso scheint der Stolz Lorettas in den Menschen weiter zu leben, die sich der Schönheit ihres Dorfes mit den herrlichen Ausblicken bewusst sind. Dazu die gute Luft - ein Grund mehr dafür, dass Familie Krieger-Branicki sich in ihrer Wahlheimat sehr wohl fühlt. Thorsten Krieger hatte als gebürtiger Enkircher jedenfalls kein Problem, auf die Höhe zu ziehen. Obwohl es dort keinen Einzelhandel gibt. "Wenn man sparen muss, geht man sowieso nicht in kleine Geschäfte", stellt er fest. Viel würden er und seine Frau in Wittlich oder Traben-Trarbach besorgen, wo sie arbeiten. Ehefrau Silke, eine Nürnbergerin, weiß es zu schätzen, Milch, Eier und Kartoffeln beim Bauern kaufen zu können. Außerdem laufe im Ort viel mit Nachbarschaftshilfe, auch wenn mal was mit den Kindern Deliah (neun Jahre alt), und Maya (fünf) sei. Daneben gibt es genügend Gelegenheit, sich zu treffen. Beispielsweise beim Pfingst-Fest der Mühlengesellschaft, die als Anteilseigner das Überleben einer 1796 erbauten Wassermühle gesichert hat. "Die mahlen noch richtig Getreide", betont Ortsbürgermeister Heinz Wagner, das Engagement der Gesellschaft, das Hunderte von Menschen nach Starkenburg lockt. Daneben gibt es die Feste von Feuerwehr, Heimat- und Verkehrsverein und Gesangverein sowie das jährliche Backhausfest und Aufführungen einer Theatergruppe. Auch Landfrauen und Evangelische Frauenhilfe sind sehr aktiv, und die 1993 begründete Partnerschaft mit "Starkenberg" in Thüringen hat gute Kontakte gebracht. Eine Art Dorffest initiiert alljährlich die Dreikönigstag-Jugend, die an diesem Tag im Gemeindehaus mit Sternsingern der Nachbargemeinden feiert. Die Enkircher kommen dafür sogar zu Fuß. Den Rest des Jahres über kann sich der Nachwuchs im eigenen Jugendraum im Keller des Gemeindehauses treffen, während die Jüngeren Spielplatz, Bolzplatz und den alten Schulhof haben, wo sie, wie Deliah erzählt, Inlineskaten oder Fahrrad fahren.Reichlich Möglichkeiten für Alt und Jung

Treffpunkte der Erwachsenen sind neben dem Plausch auf der Straße das Speiselokal und die Wandererstube. Oder sie genießen die schöne Aussicht, wenn sie an die Mosel oder über die Felder auf der Höhe spazieren. An Betrieben sind im Ort Schreinerei und Dachdecker sowie zwei landwirtschaftliche Betriebe ansässig, einer davon mit Schweinemast. Ansonsten lebt die Gemeinde vom Tourismus und ein bisschen Weinbau. Wer einkaufen will oder zum Arzt muss, fährt ins fünf Kilometer entfernte Traben-Trarbach oder ebenso wie Kindergartenkinder und Schüler die vier Kilometer bis Enkirch. Selbst in alle Welt ist der Weg nicht weit. Bis zum Flughafen Hahn sind es nur 15 Kilometer. "In Starkenburg ist das Dorfleben noch in Ordnung", ist Ortsbürgermeister Wagner daher überzeugt und verweist stolz auf die Tatsache, dass 40 Prozent der Starkenburger unter 40 sind. Bauwilligen stünde Privatland von 35 bis 40 Euro zur Verfügung. Problematisch könnte es allerdings mit Beginn des Rentenalters werden, da ohne Auto die Flexibilität eingeschränkt sei. Dennoch scheinen sich auch die älteren im Ort wohl zu fühlen. Die älteste Bürgerin wurde gestern 98 Jahre.

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