Halsweh statt Himbeerzunge

WITTLICH. Hinter Halsweh bei Kleinkindern kann sich zur Zeit auch Scharlach "verstecken". Ein Besuch beim Kinderarzt bringt Sicherheit. Hat das Kind Scharlach, sorgen Antibiotika dafür, die Krankheit in den Griff zu bekommen.

"Wir haben Scharlach" steht auf dem Schild als Hinweis an Eltern von Kindergartenkindern. Wer dabei an eine früher meist schwere Erkrankung mit Fieber, Ausschlag, Himbeerzunge und einer bis zu sechswöchigen Quarantäne der Erkrankten denkt, kann beruhigt werden. Heute tritt Scharlach meist in einer milderen, abgeschwächten Form auf. Sie kann so behandelt werden, dass die Spätfolgen selten geworden sind, und die Ansteckungsgefahr schnell ausgeschaltet wird, so dass es bei Einzelfällen bleiben kann. Übertragen werden die Erreger durch Tröpfcheninfektion beispielsweise beim Anhusten. Die Inkubationszeit beträgt normalerweise zwei bis vier Tage."Beweise" finden sich im Speichel

Während in den Stadtteil-Kindertagesstätten in Lüxem, Bombogen und Neuerburg derzeit keine Fälle von Scharlach bekannt sind, sind in der katholischen integrativen Kindertagesstätte St. Markus vor zwei Wochen drei Fälle und in der Kita am Jahnplatz letzte Woche in einer Gruppe vier Fälle von Scharlach von Eltern gemeldet worden. Die Erzieherinnen raten daher, beim Arzt abklären zu lassen, ob sich etwa hinter Fieber und Halsweh nicht doch ein Scharlach "versteckt". In der Wittlicher Kinderarztpraxis Dr. Wolfgang Vöhl und Dr. Roman Krier sind in diesem Frühjahr schon einige Fälle diagnostiziert worden. Allein in den vergangenen 14 Tagen fünf Mal Scharlach und 20 Mal Streptokokken-Angina, mit dem gleichen Erreger-Typ allerdings ohne den typischen Scharlach-Ausschlag. Und im Rahmen der Notfallaufnahme am Wochenende, wenn die niedergelassenen Kinderärzte nicht zur Verfügung stehen, wurden in der Kinderabteilung des St. Elisabeth-Krankenhauses in Wittlich an diesem Wochenende zwei Scharlachfälle festgestellt. Mit einem Schnelltest, für den die Mediziner nichts als ein bisschen Speichel aus dem Rachen benötigen, lassen sich die Streptokokken-Erreger nachweisen und die notwendige medikamentöse Therapie einleiten. "Es gibt rund 80 Streptokokken-Arten. Deshalb kann man mehrfach erkranken", erklärt Dr. Roman Krier. Die Eltern beruhigt er: "Mit einem Antibiotikum, das über zehn Tage verabreicht wird, ist die Krankheit gut zu heilen." Besonders die Großmutter-Generation kenne die Krankheit in ihrer früheren schweren Form. Dass sei in der "Vor-Penicillin-Ära" gewesen, wo eine bis zu sechswöchige Isolierung notwendig gewesen sei und mit der heutigen Situation nicht zu vergleichen. Heute ist 24 Stunden nach der ersten Einnahme des Antibiotikums der Scharlach nicht mehr ansteckend. Ohne Arztbesuch könne die jetzt in abgeschwächter Form auftretende Krankheit auch nach einer Woche verschwunden scheinen, doch nehme der Patient ohne antibiotische Behandlung ein großes Risiko in Kauf. Roman Krier: "Spätfolgen können Herzschäden, schwere Nierenerkrankungen oder rheumatische Beschwerden sein. Die gibt es immerhin in drei von 100 Fällen, was im medizinischen Bereich ein relativ großes Risiko ist." Daher rät der Arzt auch den Eltern, sollten sie sich krank fühlen, den Weg zum Hausarzt nicht zu scheuen. Sichtbare Hinweise etwa eine Rötung im Gesicht, wobei ein Dreieck um den Mund weiß bleibt, oder die so genannte "Himbeerzunge" mit verdickten Wärzchen, oder ein Ausschlag mit stecknadelgroßen Pünktchen, müssen nicht unbedingt auftreten. Wichtig: Die Antibiotika müssen unbedingt zehn Tage eingenommen werden, auch wenn der Erkrankte wieder völlig "fit" erscheint. Dazu betont der Leiter der Kinder- und Jugendabteilung im St. Elisabeth-Krankenhaus, Dr. Klaus Mahler: "Die Haupterrungenschaft der Antibiotika-Therapie ist, dass die Folgekrankheiten wie Herzklappenschädigungen nach einer Streptokokken-Infektion praktisch kaum noch existieren. Wichtig ist aber auch zu wissen, dass man Scharlach mehrfach kriegen kann." 14 Tage nach Ende der Therapie überprüft der Arzt dann noch einmal, etwa mittels einer Urinprobe, ob Folgeschäden der Nieren ausgeschlossen werden können. Auch das Herz wird sorgfältig abgehört. Eine Impfung gegen Scharlach gibt es nicht.

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