"Heimweh habe ich nie gehabt"

Horst Merten hat es ans andere Ende der Welt verschlagen: Im November 1956 wanderte der junge Traben-Trarbacher nach Australien aus. "Das ist jetzt unsere adoptierte Heimat", sagt er bei einem Besuch in seiner Geburtsstadt, wo er mit den Brüdern Helmut, Karl und Günter und den einstigen Schulkameraden ein frohes Wiedersehen feierte.

Traben-Trarbach. "Ich wollte in ein Land, wo es immer warm ist", erklärt der 78-Jährige seine Sehnsucht nach der Fremde. Also besorgte sich der gelernte Elektriker ein Visum und trat mit zwei Koffern die fünfwöchige Schiffsreise nach Melbourne an. An Bord lernte er ein bisschen Englisch.

Angekommen auf dem fünften Kontinent, ging es per Bahn weiter nach Sydney, wo er für zehn Tage ein Hotel bezog, doch Arbeit fand er nicht. So fuhr Merten in die 400 Kilometer südlich gelegenen "Snowy Mountains", wo Stauseen, Dämme und Kraftwerke gebaut wurden und man ihn gut gebrauchen konnte.

18 Monate war er dort, dann kaufte er sich ein Auto und erkundete acht Wochen lang das Land. In Sydney fand er anschließend Arbeit bei einem selbstständigen Elektromeister. Auch privat zog das Glück in sein Leben ein, 1962 ehelichte er die gebürtige Augsburgerin Hannika, die 21-jährig 1955 in Australien eingetroffen war. Das junge Ehepaar arbeitete sich fleißig nach oben, Hannika zunächst in Haushalten, dann in der Fabrik, später im Büro. Horst legte seine Meisterprüfung ab und war 29 Jahre im Kundendienst für eine große Firma tätig, und beiden wurden drei Kinder geschenkt. 1975, nach 19 Jahren in Australien, reiste Horst Merten erstmalig wieder nach Traben-Trarbach, und weitere Besuche folgten. Heimweh habe er nie gehabt, versichert er.

An der Mosel wird Wein getrunken



Nun gab es ein freudiges Wiedersehen beim Treffen mit den früheren Kameraden des Jahrgangs 1930/31. Auch eine Weinprobe stand auf dem Programm. "In Australien trinke ich eher Bier", sagt der 78-Jährige und merkt lachend an: "Aber ich kann ja nicht an die Mosel kommen und keinen Wein trinken". Merten genießt die Vertrautheit des Städtchens: "Es hat sich nicht so viel verändert", stellt er fest. Fast acht Wochen ist das sympathische Ehepaar in Deutschland, zwei davon verbringt es in Traben-Trarbach.

Die beiden gehören der deutsch-evangelischen Kirche in Sydney an und besuchen sonntags den Gottesdienst, wenn sie nicht mit ihrem Wohnwagen Touren durch das weite Land unternehmen.

"Bereut haben wir es nicht", sagen die Auswanderer, die ohne Wehmut Ende August mit vielen Eindrücken und Fotos zurückreisen und von den Kindern und fünf Enkeln freudig erwartet werden.

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