Heizen, hauchen und husten verboten

BRAUNEBERG-FILZEN. In Filzens Pfarrkirche ist alles Gold, was glänzt. Als absoluter Laie brachte sich Edmund Gietzen die Kunst des Vergoldens bei und restauriert dort seit 1999.

 Als letztes Objekt bearbeitet Edmund Gietzen die Kanzel. Seit 1999 vergoldet er, was ihm vor den Pinsel kommt. Die Arbeit mit dem Blattgold ist mehr als nur ein Hobby.Foto: Marita Blahak

Als letztes Objekt bearbeitet Edmund Gietzen die Kanzel. Seit 1999 vergoldet er, was ihm vor den Pinsel kommt. Die Arbeit mit dem Blattgold ist mehr als nur ein Hobby.Foto: Marita Blahak

Mit absolut ruhiger Hand und großem Fingerspitzengefühl hebt Edmund Gietzen mit dem breiten Vergoldermesser das hauchzarte Blattgold vom Seidenpapier des Heftchens auf das Vergolderkissen, schneidet es zurecht und legt es mit dem "Anschusspinsel" auf die zu vergoldende Fläche der Kanzel. Den Anschusspinsel hat er vor dem Abheben des Goldblattes auf seiner Wange statisch aufgeladen. Zufrieden betrachtet er sein Werk und dabei glänzen seine Augen mit dem Gold um die Wette. Denn Edmund Gietzen hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Innenraum der Pfarrkirche St. Josef in Filzen wieder in güldenem Licht erstrahlen zu lassen. Zur Zeit arbeitet er an seinem letzten Werk: der Kanzel. Bald ist das letzte Teil, die Bekrönung, fertig und dann bekommt auch St.Michael wieder seinen Platz auf der Spitze.Engagement lässt Spenden fließen

Dabei ist Gietzen kein Restaurator. "Ich bin absoluter Laie", erzählt er. Begonnen habe seine neue Leidenschaft mit der Renovierung der Kirche im August 1999. Dabei erhielt die untere Empore einen neuen Holzboden, der Altarraum neue Sandsteinstufen sowie neue Steinplatten, die den mittleren Plattenteppich aus den 20er Jahren umrahmen. Den Abschluss bildete ein neuer Innenanstrich. "Der Marien- und Josefsaltar auf beiden Seiten mussten den umfangreichen Arbeiten vorübergehend weichen", erklärt Gietzen. Dabei fiel ihm der schlechte Zustand auf. "Hier muss was geschehen", war sein nächster Gedanke. Und da für solch aufwendige Vergoldungsarbeiten der Gemeinde das Geld fehlte (rund 50 000 Euro für die Ausführung) machte sich Gietzen, der erster Vorsitzender des Pfarrgemeinderates ist und auch noch der Küsterin des öfteren aushilft, ans Werk. Er studierte Fachbücher, denn schließlich ist er absoluter Laie auf diesem Gebiet. Sagt's und geht in die Sakristei. Zurück kommt er mit einem kleinen Koffer, der seine wichtigen Utensilien enthält: das Vergolderkissen aus Rindsleder, auf dem das Gold zurechtgeschnitten wird, den Anschusspinsel aus Eichhörnchen-Schwanzhaaren, mit dem das Blattgold von 22,5 Karat auf die entsprechende Stelle angelegt wird, das Vergoldermesser zum Herausnehmen der Goldblätter von acht mal acht Zentimetern aus dem kleinen Heft sowie den Einkehrpinsel zur Glättung der Goldauflage. Aufgetragen wird das Blattgold auf ein Klebemittel. "Das Blattgold mit der Dicke von einem Zehntausendstel Millimeter kommt aus einer Spezialfirma aus Nürnberg, wo das Gold geschlagen wird", sagt Gietzen. Und seit er im Jahre 1999 mit dem Vergolden anfing, ist sein liebster Freizeitplatz die Pfarrkirche: "Die Arbeit macht unheimlich viel Spaß." Pastor Leo Ehses zeigte sich begeistert und auch die Pfarrangehörigen ließen die Spendengelder fließen, als sie von Gietzens Engagement hörten und die Resultate sahen. Unter seiner ruhigen Hand wurden bereits die beiden Seitenaltäre vergoldet, die Bilderrahmen der Kreuzwegstationen, die Sockel der Heiligenfiguren sowie der Prospekt der Orgel. Seine letzte Arbeitsfläche ist die Kanzel - und die ist, bis auf die Bekrönung, auch schon fast fertig. Allein 7400 Blatt Gold hat der emsige Vergolder bisher verarbeitet. Dann erzählt er noch, was die Arbeit mit dem Blattgold am meisten behindert: "Der kleinste Hauch macht die Arbeit zunichte, dann fliegt das Blatt weg", schmunzelt er. "Wenn die Heizung läuft, kann ich erst mal aufhören und auch Husten ist nicht erlaubt." Und was macht Gietzen, wenn er fertig ist - wo er jetzt Vergolder-Fachmann ist?

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