Herkulesarbeit über die Auswanderer

Erni Engelmann hatte sich fest vorgenommen, seine Chronik in Hochdeutsch zu besprechen. Doch schnell verfiel er bei der Präsentation in der Volksbank-Raiffeisenbank Naheland wieder in den alten Hunsrücker Dialekt, den die meisten Einwohner seiner brasilianischen Heimat sprechen: in São Leopoldo und Santa Maria do Mundo Novo, zwei Orten, die nicht weit von Porto Alegre im Süden Brasiliens liegen.

Idar-Oberstein. (da) Mehr als 700 Seiten umfasst der dritte und letzte Band der Chronik von Erni Guilherme Engelmann über jene Deutschen, die sich im 19. Jahrhundert im Tal des Rio Santa Maria im brasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul ansiedelten. Am Donnerstag wurde das Buch vorgestellt. Am 25. Juli 1824 legte das Schiff "Anna Louise" mit 39 Einwanderern aus Deutschland an Bord in São Leopoldo an. Mit ihrer Geschichte beginnt der erste Teil der Chronik, die Engelmann "Epos der Deutschen" genannt hat. Drei Jahre später endet das Mammutwerk, für das Engelmann zehn Jahre Dokumente, Bilder und Briefe sichtete, in Archiven, Kirchenbüchern und Museen fündig wurde, Gespräche mit Nachkommen der Auswanderer führte. Die große Überschwemmung von 1982, bei der zwei Menschen starben, und Erinnerungen an die tagelange "Fresskerb" im Ort sind Eindrücke aus jüngerer Zeit, die sich bei Engelmann tief eingegraben haben. Drei bände in deutscher und portugiesischer Sprache

Zur Präsentation in Idar-Oberstein begleiteten Erni Engelmann seine Frau Suleica und Freunde aus Santa Maria. "Eine Herkulesarbeit" nannte der Vorstandssprecher der Volksbank-Raiffeisenbank Naheland, Jürgen Schmidt, Engelmanns Arbeit: Die drei Bände, geschrieben in deutscher und portugiesischer Sprache, umfassen 2015 Seiten, sind - neben wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Beschreibungen seiner Heimat - mit zahlreichen Anekdoten gefüllt, beinhalten detaillierte technische Beschreibungen, Biografien, Sprichwörter, Unternehmensentwicklungen und vieles mehr... Das dreibändige Werk werde nicht nur in den Universitäten in Brasilien stehen, meinte Otto Mayer, der Vorstandssprecher der Volksbank Hunsrück in Simmern, es führe auch dazu, "dass man sich in Brasilien mit der deutschen Sprache beschäftigt". Sein Besuch im Februar 2003 gab Engelmann den Anstoß, mit dem Verfassen der Chronik, für die er bereits eine Fülle von Material zusammengetragen hatte, zu beginnen. Es begann alles mit einem Irrtum. Genüsslich sprach Engelmann davon: 6000 Euro habe ihm Mayer damals für das Erstellen der Bände versprochen. "Und ich in meinem schlechten Deutsch habe 60 000 Euro verstanden" Das spornte ihn an. Die Volksbank Hunsrück hat ihren Anteil auf 25 000 Euro aufgestockt, weitere Spender kamen hinzu. Insgesamt kosten die drei Bände 150 000 Euro. "Unterhaltsam und informativ" sei die Trilogie, lobte Landrat Axel Redmer. Engelmann habe viel Material über die Region geliefert, seine Arbeit sei längst überfällig: "Das Kapitel Auswanderung ist bei uns längst nicht systematisch ausgearbeitet." Oberbürgermeister Bruno Zimmer erinnerte daran, dass auch heute noch "nge Bande" die Region Idar-Oberstein mit Brasilien verbinde, nicht nur auf wirtschaftlicher, sondern vor allem auch auf familiärer Ebene.

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