Herzblut reicht heutzutage nicht mehr

BERNKASTEL-KUES. Die Geschäftsleute im Stadtteil Bernkastel sind nicht froh. Weil die Sparkassen-Zweigstelle am 15. Februar schließt, müssen sie in Zukunft die Hauptstelle in Kues ansteuern.

Es sind gleich zwei Institutionen, die, zumindest offiziell, aus dem Stadtteil Bernkastel verschwinden. Die Sparkasse Mittelmosel - Eifel Mosel Hunsrück schließt am 15. Februar ihre Zweigstelle am Gestade. Bereits am Freitag hatte eine lebende Institution, die dort seit mehr als 24 Jahren die leitende Funktion innehatte, ihren letzten Arbeitstag: Jürgen Kettern. Er geht in den Vorruhestand. Der Übergang in den Ruhestand gehört zum Alltag. Gegen ihn setzen sich die Vertreter von Einzelhandel und Gastronomie auch nicht zur Wehr. Doch die Sparkassen-Filiale würden sie gerne weiter nutzen, statt zur Hauptstelle auf die andere Moselseite gehen zu müssen. "Mit jeder Institution geht etwas weg. Die Zweigstelle liegt uns am Herzen", sagte Werbekreis-Vorsitzender Wolfgang Pastor in der Mitgliederversammlung. Sparkassen-Vorstandsmitglied Winfried Gassen erläuterte die Gründe für die Schließung. Es gebe dort kaum noch Wachstum. "Wir verwalten mehr als wir akquirieren", sagte Gassen. Vieles werde über Automaten abgewickelt, durch die Einführung des Euro sei das Wechselgeschäft weggefallen, in vielen Geschäften könne mit Karte bezahlt werden. Er verstehe die Kritik der Einzelhändler und Gastronomen. Es sei ihnen und den übrigen Kunden aber zuzumuten, die Hauptstelle in Kues aufzusuchen. Die zwei übrig bleibenden Mitarbeiter aus Bernkastel stünden dort vornehmlich für sie bereit. Bernkastel-Kues wolle Service-Stadt werden. Da sei solch eine Schließung kontraproduktiv, kritisierte Lothar Marmann. Betriebswirtschaftlich sei der Schritt zu verstehen, erläuterte Norbert Hansen, aber schließlich sei das Gebäude die Geburtsstätte der Sparkasse. Für die Geschäfsleute sei das Bargeld-Geschäft weiter wichtig. Weil Zeit auch Geld bedeute, sei der längere Weg nach Kues dem Geschäft nicht förderlich. Manche Dienstleister (Ärzte, Rechtsanwälte etc.) hätten bereits die Moselseite gewechselt. Das habe dem Stadtteil Bernkastel Nachteile gebracht, sagte Dieter Kettermann. "Irgendwann gehen hier die Schranken nach dem Weihnachtsmarkt bis zum April des kommenden Jahres runter", befürchtet er. Einer der bekanntesten Leute der Stadt

Auch sein Herzblut hänge am Standort Bernkastel. Schließlich habe er dort 1961 seine Lehre begonnen, antwortete Gassen. Das rückläufige Geschäft lasse aber keine Alternative zu. Das Automatengeschäft bleibe erhalten, solle vielleicht auch erweitert werden. Die Sparkasse suche dafür noch einen besseren Standort im Herzen der Altstadt. Dass die Entscheidung unumstößlich ist, wussten die Werbekreis-Mitglieder schon vorher. So wurde es am Schluss richtig gefühlvoll. "Vieles war mit mir verbunden", sagte Jürgen Kettern. Er sei einer der bekanntesten Leute in der Stadt. Manche Kunden seien auch wegen ihm gekommen. "Jetzt geht vielleicht auch ein wenig mit mir verloren", gab er zu.

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