Heute Bari, morgen Gibraltar

LAUFELD. Er hat sich noch nie gerne was sagen lassen. Schon gar nicht, dass er ein Trucker ist. Klaus Müller ist und bleibt Fernfahrer – und das von ganzem Herzen.

Klaus Müller ist einer jener selten gewordenen Vertreter seiner Gattung, die für Fahrerkollegen noch anhalten, wenn sie mit einer Panne am Straßenrand liegen. In sein Fahrerhaus kommt man nur ohne Schuhe. Nein, es heißt eben nicht Führerhaus, einen Führer hatten wir damals, sagt er, und es heißt auch schon lange nicht mehr Führerschein, sondern Fahr-Erlaubnis. Die Begrifflichkeiten sind wichtig, meint er. Es wird ihm auch ein Rätsel bleiben, warum so viele Berufsgenossen sich Trucker nennen. "Wir sind doch in Deutschland", sagt er. Warum also auf Teufel komm raus alles amerikanisieren? Und wenn einer das englische Wort benutzt, dann bitte doch das richtige: Dann sei der LKW immer noch ein Lorrie. Ganz einfach sei er nicht zu handhaben, das räumt Klaus Müller ein. Gattin Randi bestätigt es lächelnd: "Für einen Fernfahrer muss man viel Verständnis aufbringen." Sie wusste, worauf sie sich einließ; in ihrer Familie gab es mehrere Fernfahrer. In der Müller-Sippe ist Klaus hingegen der erste, der diesen Beruf ausübt. Er liebt ihn über alles. Auch wenn er auf vieles verzichten müsse, auf Freizeit und Familie, würde er niemals tauschen. Die Welt sei so schön, und er sehe sie Tag für Tag, sagt Müller. Seit 1973 fährt er für die Firma Elsen, inzwischen mit Sitz im luxemburgischen Grevenmacher. Und er fährt alle nur erdenklichen Güter im Fernverkehr. Heute Bari, morgen Sizilien, übermorgen vielleicht Graz, Gibraltar, Barcelona oder Slowenien, und am liebsten runter nach Athen, wobei sich die Firma den Landweg über den Balkan erspart. "21 Stunden auf dem Schiff: Herrlich!", schwärmt Müller. Auf deutschen Autobahnen herrsche oft Krieg, weiß er: Zwischen langsamen und schnellen, kleinen und großen Fahrzeugen, zwischen PKW und LKW. Auf die Frage, für wen die Brummis denn eigentlich unterwegs seien, antwortet Klaus Müller mit dem Spruch eines Aufklebers: "Ohne uns wäre die Autobahn schön leer. Genau wie ihr Kühlschrank." Meist ist er allein auf dem Bock, nur bei Sondertransporten wird im Team gefahren. Eigenregie und -verantwortung sind also gefragt, und das auf jeder einzelnen Fahrt. Das liegt ihm, deshalb hat er den Beruf gewählt. Meist geht es Sonntagabend los, manchmal fährt er die erste Nacht durch, manchmal nur einige Stunden bis zur ersten Pause. Zehn Stunden darf er arbeiten, dann muss er elf Stunden Ruhezeit einhalten. Freitags kommt er meistens erst am späten Abend heim, und am Wochenende wird dann auch noch der LKW gründlich gewienert. Doch jammern liegt ihm nicht. Früher, da habe "der ganze Mann" fahren müssen, man habe unendlich viel körperliche Kraft benötigt. "Heute nimmt uns die LKW-Technik und -Software vieles ab." Die Zeiten seien damals härter gewesen, aber schöner. Die Niedriglohnfahrer aus dem Osten rechnet der im Betriebsrat aktive Müller allerdings nur zu den kurzfristigen Widrigkeiten der Sparte: Auf zehn Jahre gesehen gleiche sich deren Lohnniveau an das gesamteuropäische an. Müller hat viele gute Ideen: Für die A 1 zwischen Wittlich und Hasborn empfiehlt er, die rechte Spur zur Kriechspur zu machen Wenn er manche Kollegen, am Ende noch mit Gefahrgut, den Berg in der Gegenrichtung hinunterknattern sieht, wird ihm schlecht: "Generell gilt im Verkehr: Der Stärkere hat auf den Schwächeren Rücksicht zu nehmen." Doch dieses Gesetz hätten die meisten vergessen. Außer vielleicht in Großbritannien, wo seiner Erfahrung nach die besten und rücksichtsvollsten Autofahrer unterwegs sind.

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