Himmelreich zieht alle in seinen Bann

ZELTINGEN-RACHTIG. Alle zwei Jahre wieder liegt Zeltingen-Rachtig im Moseloperettenfieber. Das Spiel um Heimat, Liebe, Leidenschaft und den Wein, der Zeltinger und Rachtiger auf wunderbare Weise eint, lockt auch zur 14. Auflage der Operette "Zeltinger Himmelreich" nahezu 2400 Zuschauer in die sechs Vorstellungen.

 Harry, der Gemeindediener, führt durch das Programm, während der Chor der Winzerrinnen und Winzer sich für seinen Gesangsauftritt schon mal auf der Bühne zusammen gefunden hat.Foto: Marita Blahak

Harry, der Gemeindediener, führt durch das Programm, während der Chor der Winzerrinnen und Winzer sich für seinen Gesangsauftritt schon mal auf der Bühne zusammen gefunden hat.Foto: Marita Blahak

Das begeisterte Premierenpublikum konnte bestens nachempfinden, warum der Sekretarius des Kölner Kurfürsten sieben Jahre lang im Weinort hängen blieb und dort das Leben und die Arbeit des Winzervolkes hautnah miterlebte.Eigentlich sollte er nur den Weinzehnten eintreiben, doch die Rachtiger und Zeltinger Winzer wollten ihren guten Moselwein fortan nicht mehr abgeben, "wir schicken nichts mehr hin, sollen die doch Rheinwein saufen", herrschte unter den sonst eher verfeindeten Bürgern absolute Einigkeit.Auf die Stammgäste ist Verlass

So zog sich der gute Tropfen, den der Bote aufgrund einer List der Winzer zunächst als "Essigwein", später aber als wunderbaren Genuss für Herz und Gaumen kennen lernte, wie ein roter Faden durch das Geschehen. Die Operettenhandlung gab Einblick ins lustige und auch harte Winzerleben der Zeit um 1780 und in die auf harte Probe gestellte Liebe zwischen der Zeltingerin Rosemarie und ihres Auserwählten, dem Rachtiger Winzersohn Franz.Und ganz gemäß bester Operettentradition gibt es auch in Zeltingen-Rachtig ein Happy End: nach vielerlei Irrungen und Wirrungen bekommt Rosemarie ihren Franz und der Kölner Bote die Argentinierin Valencia. Zum Erfolg der Moseloperette von Werner Stamm, die 1955 zum ersten Mal aufgeführt wurde, tragen neben dem schauspielerischen Talent der Laiendarsteller die eingängigen, wunderbaren Melodien bei, die wahrhaft ins Blut gingen und die Zuhörer mitsingen und mitschunkeln ließen.So ließ sich bei sommerlichem Abendhimmel das Geschehen auf der Freilichtbühne des malerischen Zeltinger Marktplatzes in vollen Zügen genießen. Denn die Besucher kamen dabei nicht nur in den gesanglichen Genuss des "Zeltinger Himmelreichs", sondern ließen sich gern von den Winzern ihre Gläser mit dem edlen Tropfen füllen. Im Publikum saßen neue "Gesichter" ebenso wie solche Gäste, die sich das Spiel seit Jahren nicht entgehen lassen. Zum zweiten Mal dabei waren Maria und Josef Mentges aus Erden: "Wir kamen wieder, weil es uns so gut gefiel", bemerkt der Erdener, der (fast) alle kostümierten Darsteller auf der Bühne auch im "normalen" Leben kennt.Seit 1977 immer wieder Stammgast ist das Ehepaar Brunhilde und Gerhard Lenssen aus Bochum. Die beiden waren mit dem ganzen Stammtisch angereist und ließen sich von der moselländischen Operettenseligkeit aufs Neue einfangen. Alle miteinander, auf und hinter der Bühne, Darsteller, Musiker, Chorsänger, Tänzer, und nicht zu vergessen die jüngsten Mitspieler, hatten ihre wahre Freude und agierten mit viel Engagement und Liebe zum Stück. Da war es kein Wunder, dass der Funke schnell aufs Publikum übersprang und der große Applaus für die Leistung der gesamten Zeltingen-Rachtiger Spielgemeinschaft nicht ausblieb.Und dass diese Begeisterung auch weiter anhält, darin ist sich nicht nur Ingrid Wagner sicher.Sie stand seit 1980 auf der Bühne und sang die Rosemarie. In diesem Jahr saß sie zum ersten Mal im Publikum und verfolgte mit Freunden, die seit 1980 keine Premiere versäumten, einmal aus deren Blickwinkel das Geschehen. Vor zwei Jahren stand Wagners Entschluss fest, aufzuhören. "Schleier und Hut habe ich meiner Nachfolgerin als Andenken vererbt", sagt Wagner. Nicht mit Wehmut, sondern mit Freude habe sie die Moseloperette mitverfolgt, denn auch weiterhin sei mit vielen neuen Darstellern alles in besten Händen.Und mit Blick in die "nahe" Ferne waren sich Mitwirkende und Publikum in einer Sache völlig einig, nämlich wie es auch in der Operette heißt: "Gebe Gott, dass der Wein auch in Zukunft die herrliche Mosellandschaft prägt".

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