Hochgenuss am Kirmesmontag

WITTLICH. Es gehört zur guten Tradition, dass der Stadtbürgermeister am Kirmesmontag Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft zur Weinprobe einlädt. Gereicht werden ausschließlich Weine der vier Wittlicher Weingüter. Wer am Montag dabei sein durfte, erlebte nicht nur vollendeten Weingenuss, sondern auch dank Probenkommentator Willi Oberholz drei kurzweilige, humorvolle Stunden.

Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich am Ende einer Weinprobe die Beteiligten von ihren Stühlen erheben und freudig Beifall klatschen. Standing Ovations - das kennt man in der Regel nur von hervorragenden musikalischen Darbietungen oder wenn eine besonders verdiente Persönlichkeit geehrt wird. Der Beifall, der am Montagabend nach dem Genuss des 16. Weines - eine grandiose 1999er Wittlicher Portnersberg Riesling Trockenbeerenauslese - aufbrandete, galt neben den hervorragenden Gewächsen auch Willi Oberholz. Der bekennende Rieslingfreund und Fastnachter vermied es, die Besucher mit Analysedaten und dergleichen Fachchinesisch zu traktieren, vielmehr erzählte er Anekdoten um den Wein, Geschichtchen von Wittlicher Originalen, von schlitzohrigen Bauern und Winzern. Die amüsante Stichelkultur zwischen Eifelern und Moselanern kommentierte Gebietsweinkönigin Nicole Kochan in ihrer launigen Rede ganz trocken: "Ich bin froh, dass ich als Moselanerin überhaupt bei Ihnen sprechen darf." Begeistert zeigte sie sich von der Qualität der Weine, einem Urteil, dem der Ehrengast, Weinbauminister Hans-Artur Bauckhage, sicherlich uneingeschränkt zustimmte. Die Wittlicher Weingüter Zender-Göhlen, Johannes Lütticken, Losen-Bockstanz und Axel Mertes hatten tatsächlich Kreszenzen aufgefahren, die, zum Teil hochprämiert, zu den Spitzengewächsen des Anbaugebietes zählen. Wuchtige und gehaltvolle 2003er, schön abgelagerte und feinfruchtige 2002er, rassige und spritzige 2004er schenkten junge Damen ein, während Mark Schelzke am Klavier dezente Hintergrundmusik erklingen ließ. Das Finale bestritten drei Gewächse, wie sie nur die Mosel hervorbringen kann. Einen 1999er Wittlicher Portnersberg Riesling aus dem Weingut Zender-Göhlen, gewonnen aus edelfaulen Beeren, dann einen 1998er Wittlicher Klosterweg Riesling Eiswein vom Weingut Losen Bockstanz und schließlich das Höchste, was beim Weißwein überhaupt möglich ist, eine Trockenbeerenauslese aus der Lage Wittlicher Portnersberg. Das Weingut Axel Mertes hat diese Kostbarkeit 1999 geerntet. Stadtbürgermeister Ralf Bußmer, froh und stolz darüber, dass sich offenbar keiner der 150 geladenen Gäste diesen Hochgenuss entgehen ließ, erinnerte in seiner Ansprache an die Wittlicher Weinbautradition. Bereits fürs 12. Jahrhundert sei belegt, dass sich Wittlich zu einem Agrarzentrum mit besonderer Betonung auf den Weinbau entwickelt habe. Bußmer weiter: "Wittlich ist heute kein Agrarzentrum mehr, dafür aber ein überregional bedeutsames Wirtschaftszentrum. Es kommt in Wittlich beim Wein nicht auf die Masse, sondern auf die Qualität an." Eine Aussage, die die Säubrennerweinprobe 2005 eindrucksvoll belegte.

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