Hohe Schule der Bürokratie

WITTLICH. Wie entwickelt sich Wittlich in der Zukunft? Wo werden vielleicht einmal Häuser stehen, Verkehrswege neu gebaut, ökologisch wertvolles Gebiet erhalten oder Industrieansiedlungen sinnvoll platziert? Damit beschäftigt sich der Flächennutzungsplan, der Thema im Wittlicher Stadtrat war.

"Ich danke Ihnen, dass Sie dieses Leid so klaglos hingenommen haben", schloss Bürgermeister Ralf Bußmer den Tagesordnungspunkt "Fortschreibung des Flächennutzungsplanes der Stadt Wittlich", dem der Rat einstimmig zugestimmt hat. Zuvor hieß es über 70 Mal: "Noch Fragen? Wer ist dagegen?" zu den einzelnen Stellungnahmen und Anregungen der Träger öffentlicher Belange von der Kreisverwaltung über das Polizeipräsidium bis zu den jeweiligen Pfarrämtern und auch den Bürgern, aus deren Reihen übrigens keinerlei Anregungen vorgetragen wurden. Da, wo sie geltend gemacht wurden, überwog in der Regel der Kommentar der Verwaltung, dem der Rat auch zustimmte: "Eine Planänderung erfolgt nicht. Die bisherige Planung wird beibehalten." Die "Dicke Trespe" aus Wengerohr

Diskussionsbedarf gab es keinen. Höchstens amüsierten Kommentare etwa zu dem Punkt, dass die Gemarkungsgrenze mit "Strich - zwei Punkt - Strich" darzustellen sei, dem entsprochen wurde. Oder dazu, dass die "Dicke Trespe", alias Bromus grossus, eine streng geschützte Pflanze, 2003 vom Naturschutzbund Deutschland in Wengerohr entdeckt wurde. Laut Stadtplaner Thomas Eldagsen wurde sie allerdings danach nicht mehr gesichtet, weshalb der "Fundstandort wahrscheinlich innerhalb des Geltungsbereichs des Industriegebiets Wengerohr-Süd" die bisherige Planung auch nicht beeinflussen wird. Angesichts des gewaltigen "Papierkriegs", den das ordnungsgemäße Verfahren mit sich bringt, ist mit dem nun beschlossenen Planentwurf des Flächennutzungsplans eine noch aufwändigere Korrespondenz vermieden worden. Denn wie in den Ratsunterlagen erläutert wird, wollen die Wittlicher "das Verfahren in einem engen Zeitfenster" umsetzen, "da aufgrund europarechtlicher Vorgaben die Fortschreibung des Flächennutzungsplans bis zum 21. Juli 2006 abzuschließen ist". Schafft man das nicht, müssten neue Bestimmungen beachtet werden, "was zu einem erheblichen zusätzlichen Arbeits- und Kostenaufwand" sowie unvorhersehbaren Verzögerungen führen würde. Dann wären auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung und das Erstellen eines Umweltberichts fällig. Schon jetzt ist das Verfahren, das frühzeitig vermeiden soll, dass später Komplikationen auftreten, so komplex, dass es einen Schriftverkehr fordert, der sich teilweise zu verselbstständigen scheint. So liest man beispielsweise unter den Anregungen: "Innerhalb der Baubeschränkungszone dürfen keine Industrieansiedlungen mit Rauch- und Nebelbildung zugelassen werden." Dazu dann der Kommentar der Verwaltung: "Die genannten Hinweise betreffen die nachfolgende Planungsebene. Sie werden zur Kenntnis genommen und im Rahmen der verbindlichen Bauleitplanung berücksichtigt." Dass angesichts der Vielzahl der zu beachtenden Belange auch im besten Plan nicht immer die korrekten Tatsachen Eingang gefunden haben, belegt dann wiederum eine Anregung der Verwaltung: "An der Römerstraße ist eine Fläche zwischen der Straße und der Lieser als geschützte Fläche nach Paragraph 24 Landespflegegesetz dargestellt. Dieser Bereich ist jedoch tatsächlich bebaut. Dieser redaktionelle Fehler ist zu beheben und die Fläche als gemischte Baufläche darzustellen."

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