Im "Blauen Enzian" blühen die Pointen

ALF. (fpl) Sommerfest im Alfer "Haus Waldfrieden": Das "N.N.-Theater Neue Volksbühne Köln" begeisterte mit seiner Aufführung von William Shakespeares "Ein Sommernachtstraum".

 Ein saftiges Schauspielvergnügen: Das Schlussbild des "Sommernachtstraums" vom Kölner Theater Neue Volksbühne.Foto: Fritz-Peter Linden

Ein saftiges Schauspielvergnügen: Das Schlussbild des "Sommernachtstraums" vom Kölner Theater Neue Volksbühne.Foto: Fritz-Peter Linden

"Hermia! I lieb' di nimma!" Shakespeare im Originalton Süd? Das geht - und wie. Den Beweis lieferte das "N.N.-Theater Neue Volksbühne" in Alf. Die rund 150 Zuschauer im "Haus Waldfrieden" jedenfalls waren restlos hingerissen von einer Aufführung, die Sprachwitz, Spielfreude, Akrobatik und fliegende Kostüm- und Rollenwechsel zugleich lieferte.Fast alles anders und trotzdem Shakespeare

"Man sieht, dass es Spektakel gibt, wenn man sich durcheinander liebt" - was Wilhelm Busch in zwei Zeilen auf den Punkt brachte, hat Dichterkollege Shakespeare knapp 300 Jahre vorher in fünf Akten dargestellt: "Ein Mittsommernachtstraum". Und ein wahrhaft saftiges Spektakel macht daraus das N.N.-Theater (NN: nomen nescio - Name nicht bekannt) unter dem anfangs noch strahlend blauen Himmel von Alf. Anlass: das Sommerfest, zu dem die Winzer-Brüder Ulrich und Peter Stein jedes Jahr einladen. Und es bleibt doch Shakespeare: Das N.N.-Theater und sein Regisseur George Isherwood haben das Stück kräftig durch den Wolf gedreht, mit Stadl- und Slapstick-Elementen versehen und bleiben dem Autor trotzdem treu. Das Original scheint immer durch, auch wenn man sich das kaum vorstellen kann: Aus den Handwerkern, die im Urtext für die Hochzeit von Theseus und Hippolyta Szenen aus "Pyramus und Thisbe" proben, wird der "Laienspielkreis Blauer Enzian", der sich an der "Geierwally" versucht. Und zwar unter der Leitung eines überdrehten Peter Squenz, der sich schon für einen Regisseur hält, "weil er mal in Traben-Trarbach ein Krippenspiel inszeniert hat." Theseus ist hier nicht Herrscher von Athen, sondern ein alpiner Ortsbürgermeister, Hippolyta die Dorfwirtin Heidemarie. Auch die Waldgeister verwandeln sich - in eine Zirkustruppe, die vor Jahren "in der Klamm" abgestürzt ist und seitdem auf Erlösung durch den Applaus des Publikums wartet.Turbulentes Treiben vor und hinter der Bühne

Die sechs Akteure kommen dabei kaum zur Ruhe: Permanent stehen Rollen- und Kostümwechsel an, hinter der Bühne geht es mindestens so turbulent zu wie davor - und die dramatische Posse von der Geierwally zum Schluss reißt alle zu Begeisterungsstürmen hin. Erlösender Schlussapplaus für Irene Schwarz, Lucia Schlör, Antje van Wrochem, Michl Thorbecke, Thomas Ulrich und Didi Jünemann. Übrigens: Den "Faust" spielen sie auch. Und zwar als Western a la Karl May - vielleicht demnächst an der Mosel. Ganz war das Fest dann noch nicht zu Ende: Es folgte ein Spontan-Konzert von Stefan Hiss mit herzzerreißenden Weisen über Männer mit Schusswunden sowie ein krachender Auftritt von Gitarrist, Sänger und Thomas D.-Teilzeitpartner Udo Schöbel, der die Gäste kräftig zum Tanzen brachte.

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