Im Fundbüro am Flughafen Hahn gibt's alles

Reisen bedeutet Aufbruch. Doch manche Reisende lassen mehr zurück, als sie geplant haben. Und so landet im Fundbüro des Flughafens Hahn so manches Stück, das von der Hektik der Abreise zeugt.

 In der kleinen Kammer stapeln sich zurückgelassene Rucksäcke, Koffer und Taschen. Ulrike Friedrichs könnte sogar E-Gitarre lernen, wenn mal kein Betrieb ist. Aber dazu kommt es kaum, denn alles muss erfasst und gekennzeichnet werden. Fotos: Werner Dupuis

In der kleinen Kammer stapeln sich zurückgelassene Rucksäcke, Koffer und Taschen. Ulrike Friedrichs könnte sogar E-Gitarre lernen, wenn mal kein Betrieb ist. Aber dazu kommt es kaum, denn alles muss erfasst und gekennzeichnet werden. Fotos: Werner Dupuis

Flufhafen Hahn. "Alles!?" - Ulrike Friedrichs ist die Hüterin der Fundsachen auf dem Flughafen Hahn, und ihre Augen irrlichtern zur Decke des Terminals, wenn sie aufzählen soll, was in den Regalen des Lagers alles auf seinen rechtmäßigen Besitzer wartet.

Mützen, Schals, Handschuhe, Mäntel, Jacken, Pullover und bis zu 30 Handys und Sonnenbrillen pro Tag. Das ist das Übliche - je nach Jahreszeit. Aber dann gibt es da noch die Krückstöcke, Gehhilfen, dritten Zähne und Zahnspangen, die Kindersitze, Buggys und Kinderwagen - einfach Dinge, von denen Ulrike Friedrichs immer dachte, die sollte man doch sehr schnell vermissen.

Das war vor der Zeit, als die heute 48-Jährige begann, sich um die Fundstücke zu kümmern. Damals, als sie noch nicht diesen verrückten Job am Info-Schalter im Terminal hatte, der ihr "unglaublich viel Spaß macht" - jeden Tag. Ulrike Friedrichs kommt aus Bergisch-Gladbach, hat vor langer Zeit Chemisch-Technische Assistentin gelernt und eigentlich beruflich schon alles gemacht: Aber nichts war so wie die Mitarbeit bei den Terminal-Diensten im Hunsrück. Heute stellt sie sich nur noch selten die Frage: "Wie kann man denn so etwas vergessen?"

Der Kotflügel, eine Stoßstange oder zwei Sporttaschen voller Spargel sind solche Beispiele, die Kollegen im Terminal gefunden und am Info-Schalter abgegeben haben. Vieles, was liegen geblieben ist, bringen sie zu Ulrike Friedrichs und ihren Kolleginnen.

Aber auch andere Passagiere erweisen sich als ehrliche Finder, wenn sie volle Geldbeutel, wertvolle Laptops, Schlüssel und Schmuck, Handtaschen mit Scheck- und Kreditkarten oder Designer-Sonnenbrillen finden.

Und oft laufen dann auch wenig später die völlig aufgelösten Verlierer bei ihr am Info-Schalter auf. "Schön ist es, wenn die sich dann freuen", sagt Friedrichs und erinnert sich an einen jungen Mann, der 450 lose Euro auf der Straße vor dem Terminal verloren und alle Scheine wieder bekommen hat. "Der war richtig glücklich." Oder: "Die Frau aus Schweden, die nach über einem Jahr ihren Marienkäfer-Rucksack wiederbekommen hat." Und: "Die Kinder, die ihr Kuscheltier bei uns wiederfinden."

Daraus zieht Ulrike Friedrichs ihre Motivation, wenn sie all die Tausend vergessener Kleinigkeiten sortieren, dokumentieren und einlagern muss. Wenn ganze Koffer mit schmutziger Wäsche oder Kleidersäcke durchforstet werden müssen. Wenn irgendwo Essensreste, vergammelte Kosmetika oder angebrochene Hygieneartikel gefunden und entsorgt werden müssen.

Alle Fundstücke werden nach dem gleichen Muster erfasst. Wird etwas abgegeben, das einen Hinweis auf den Vergesslichen gibt, versuchen Ulrike Friedrichs und ihre Kollegen vom Info-Schalter den Menschen zu erreichen. "Wir rufen auch aus, wenn wir den Verdacht haben, der Besitzer könnte noch auf dem Flughafen sein. Ausweise schicken wir an die jeweiligen Heimatadressen oder an die Botschaft des Landes. Findet sich in den Handtaschen ein Hinweis, rufen wir die Leute auch schon mal zu Hause an und schicken ihnen kleinere Sachen auch zu", erzählt Friedrichs. Zwei Drittel der Fundsachen werden aber sehr schnell wieder am Info-Schalter abgeholt. Allerdings erhebt der Flughafen auch eine Bearbeitungsgebühr von vier Euro pro Tag, aber höchstens zwölf Euro insgesamt.

Drei Jahre nach dem Verlust haben die Besitzer Anspruch auf die Rückerstattung, sei es auch nur auf den Erlös einer Versteigerung. Denn irgendwann quillt das Lager endgültig über.

Immer wieder geht Ulrike Friedrichs deshalb in die kleine Kammer, sortiert aus und fragt sich: "Waren etwa die Besitzer der drei Gitarren unmusikalisch, haben sie die Musik aufgegeben, oder werden die Instrumente vermisst?" EXTRA Gegenstände, die sich im Fundbüro am Hahn angesammelt haben, werden am Samstag, 28. November, von 9 bis 19 Uhr in der Jahnhalle Büchenbeuren versteigert. Sonnenbrillen, Jacken, Laptops und Kameras werden am häufigsten vergessen. Auch Koffer mit unbekanntem Inhalt sind darunter. Eine Anmeldung für die Versteigerung ist nicht erforderlich.

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