Immer weniger Helfer für mehr Bedürftige

Vertreter der mit der Pflege von alten und kranken Menschen befassten Institutionen schlagen Alarm. Sie beklagen zu wenig Auszubildende und eine zu umfangreiche Dokumentationspflicht und hatten deshalb zu einem "Pflegefrühstück" eingeladen.

Wittlich. Die Caritas hatte zu einem "Pflegefrühstück" eingeladen, und hochrangige Vertreter aus der Kommunalpolitik und der Krankenkassen sowie Vertreter anderer mit der Pflege befasster Institutionen waren der Einladung gefolgt.

Rudolf Bollonia, Geschäftsstellenleiter der Caritas-Geschäftsstelle Wittlich, formulierte die Forderungen der Pflege betreibenden Einrichtungen: "Wir brauchen mehr Zeit für die Betreuung." Die Pflegeberufe benötigten eine bessere Anerkennung in der Gesellschaft. Zudem müssten die Perspektiven dieser Berufe mehr in den Vordergrund gestellt werden, um mehr junge Menschen für eine Tätigkeit in der Pflege zu gewinnen.

Margarete Fritz, stellvertretende Leiterin der Krankenpflegeschule im Verbundkrankenhaus Bernkastel-Wittlich, beschrieb die Situation der Ausbildung junger Menschen in den Pflegeberufen. Die Anzahl der Bewerber habe sich in den vergangenen Jahren von 300 auf 200 um ein Drittel verringert, zudem seien viele Bewerber nicht genügend qualifiziert. Auf der anderen Seite nimmt die Zahl der Pflegebedürftigen zu (siehe Extra).

"Pflegeberufe sind von außen anerkannt, die Beschäftigten selbst betrachten ihre Tätigkeit aber als wenig attraktiv", sagt Margarete Fritz. Zudem bleibe bei der Ausbildung wenig Zeit für die eigentliche Pflege am Menschen.

Die Krankenpflegeschule bildet 120 junge Menschen zum Krankenpfleger aus. Damit die Auszubildenden auf die erforderliche Anzahl von 250 Stunden Pflege unter Anleitung in der Praxis üben könnten, benötigt das Verbundkrankenhaus 6,5 zusätzliche Ausbilder. Aber die Krankenkassen wollen die Kosten für die zusätzlichen Stellen bisher nicht übernehmen, beklagt Fritz. Die Folgen seien Konflikte bei den Ausbildern, ob sie jetzt eher den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen entgegenkommen oder ob sie sich mehr um die Belange der Auszubildenden kümmern.

Bollonia kritisierte die zunehmende Schreibarbeit: "Die Dokumentation benötigt mehr Zeit als die eigentliche Pflege am Bedürftigen." Roland Sader von der AOK-Krankenversicherung verteidigte die Dokumentationspflicht: Grundsätzlich sei ein Berichtswesen notwendig, da Qualitätsstandards oft nicht erbracht würden. Allerdings solle die Bürokratie auf ein notwendiges Maß abgebaut werden.

Margarete Brech, Mitarbeiterin der Caritas im Bereich Demenz, berichtete von der zunehmenden Bedeutung freiwilliger nachbarschaftlicher Pflegetätigkeit. Die Nachbarn werden zunehmend für Tätigkeiten in der Pflege qualifiziert und erhalten auf Antrag eine Aufwandsentschädigung von sechs Euro pro Stunde.

ExtraDie Unternehmensberatung Transfer aus Wittlich erstellte im Auftrag des Landkreises Statistiken zur künftigen Entwicklung der Anzahl pflegebedürftiger Menschen. 1484 Menschen nahmen 2007 im Landkreis Bernkastel-Wittlich ambulante oder stationäre Leistungen von Pflegeeinrichtungen in Anspruch. Bis zum Jahr 2020 wird sich die Anzahl der Menschen, die Pflegeleistungen in Anspruch nehmen, um 13 Prozent erhöhen. Bis zum Jahr 2050 wird die Anzahl der 80-Jährigen und älteren Menschen einen Bevölkerungsanteil von 14,4 Prozent (heute 5,6 Prozent) erreicht haben. Auszubildende zum Krankenpfleger erhalten während der dreijährigen Ausbildung eine Vergütung von 799 bis 954 Euro. Das Anfangsgehalt nach der Ausbildung beträgt je nach Arbeitstelle ab 2100 Euro.

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