In Enkirch ist noch alles zu haben

ENKIRCH. Keine 2000 Einwohner zählt Enkirch, und doch kann es das romantische Weindorf locker mit jeder größeren Stadt aufnehmen. Es gibt einen Kindergarten und eine Grundschule. Alle Lebensmittel sind im Ort sogar in mehreren Läden erhältlich und selbst von der Apotheke bis zum Zahnarzt ist für die Bevölkerung und die Urlauber bestens gesorgt.

 Ob Katzenfutter oder Kekse: Kunden haben in Enkirch noch eine große Auswahl an Waren und Geschäften.Foto: Gerda Knorrn-Belitz

Ob Katzenfutter oder Kekse: Kunden haben in Enkirch noch eine große Auswahl an Waren und Geschäften.Foto: Gerda Knorrn-Belitz

AmSamstagvormittag herrscht reges Treiben in den Straßen undGassen. Flinken Schrittes eilen die Einkäufer von Laden zu Laden.Hier gibt es frisches Obst und Gemüse, dort dieGrundnahrungsmittel, Bäckereien bieten Brot und Brötchen, einStrauß aus dem Blumenladen bringt Farbe ins Haus, Wein und Wurststammen aus eigener Herstellung. Entspannung bei einem neuen Buch oder der Illustrierten, das gibt es in Enkirch genauso wie das Geburtstagsgeschenk für die Schwiegermutter, ein Paar neue Schuhe, eine Hose für den Knaben und den Herrn Papa oder ein Röckchen für das Töchterchen und seine Frau Mama.

Die Waschmaschine hat ihren Geist aufgegeben? Kein Problem in Enkirch. Entweder wird sie repariert oder eine neue Maschine gekauft. Sparkassen und sogar ein richtiges Postamt, keine in einen anderen Laden integrierte Postagentur, wie es sie schon in vielen größeren Städten gibt, finden sich noch in dem kleinen Moseldorf mit seinen rund 1700 Einwohnern. Fast wäre es einfacher aufzuzählen, was in Enkirch für Kunden und Käufer fehlt.

"Man braucht nicht unbedingt ein Auto, wenn man hier wohnt", sagt Sandra Müller, die seit Mai 2001 einen Laden mit Geschenkartikeln führt und andere Bürger pflichten ihr bei: "Wir kriegen alles im Ort." Sandra Müllers Kundschaft kommt jedoch weniger aus Enkirch, sondern eher vom Hunsrück und aus dem Zeller Raum. Natürlich zählt sie auch die Urlauber zu ihren Kunden. "In Spitzenzeiten stehen schon mal 500 bis 600 Wohnmobile auf dem Platz am Moselufer", weiß Reinhard Georg, der eine Kfz-Werkstatt betreibt.

Urlauber lassen im Sommer den Euro rollen

"Gott sei Dank nehmen die Einheimischen den Laden an", berichten die Schwestern Edda Weisgerber und Inge Beucher, die ein Lebensmittelgeschäft betreiben. "Im Sommer läuft es toll, im Winter ist es sehr schwierig", seufzt Inge Beucher. Wenn sie gesund bleiben, wollen sie weiter machen. Die 60 haben beide schon überschritten, und einen Nachfolger für ihren Laden hätten sie nicht. Diese Sorge schwingt in Enkirch überall mit. "Es ist eine Frage der Zeit, viele Ältere geben auf", sagt eine Verkäuferin. "Dann ist hier alles tot", fürchtet die Inhaberin des Blumenladens.

Doch noch rollt der Euro durch die malerischen Gassen und Straßen, wenngleich viele Händler berichten, dass 2002 ein schweres Jahr für sie war. Aber auch der Autoverkehr rollt oder staut sich schon mal, Fußgänger, die sich begegnen und Mütter mit Kinderwagen müssen auf die Straße ausweichen. "Eine Einbahnregelung wäre hier gut", meint ein Bürger, der sich zwischen fahrenden und parkenden Autos durch die Straße "Zum Herrenberg" zwängt. Ortsbürgermeister Karl-Heinz Weißgerber sagt, dass dies lange zur Diskussion stand. Zum einen seien jedoch die Einzelhändler nicht dafür gewesen, zum anderen hätte jede in die Straße mündende Gasse entsprechend beschildert werden müssen. "Wir wollten aber keinen Schilderwald", sagt Weißgerber, der auch darauf verweist, dass eine Einbahnstraßenregelung die Königstraße noch mehr belasten würde.

Wenn die Urlaubsgäste die Hotels und Pensionen, Fremdenzimmer und Ferienwohnungen beziehen und die Wohnmobilisten ihr Lager am Fluss aufschlagen, entspannt sich die Situation für zahlreiche Geschäftsleute. "Viele Urlauber kommen schon fünf bis sechs Jahre zu uns", sagt der Gemüsehändler, der jeden zweiten Tag aus der Frankfurter Großmarkthalle frische Ware besorgt. Doch auch die Einheimischen und Auswärtigen aus den umliegenden Moselorten und dem Hunsrück schätzen sein Angebot. "Wir kommen noch ganz gut klar."

Nicht ohne Stolz verweisen viele Geschäftsleute darauf, dass das kleine Enkirch sogar eine Gewerbeschau vom 31. Mai bis 1. Juni veranstaltet.

"Wir sehen uns auch ein bisschen als Kommunikationszentrum", sagt Hiltrud Holderbaum aus dem seit 1934 bestehenden Buch- und Schreibwarenladen. Auch sie schätzt an Enkirch, dass sie alles am Ort bekommt. Und nicht nur ein Elektro-Fachgeschäft, auch ein Computerladen kann in einem Weindorf bestehen. Rüdiger Bartz, der einem Kunden aus Traben-Trarbach gerade eine Maus-Matte verkauft hat, schätzt, dass es in der Verbandsgemeinde 10 000 Computer gibt.

"Wie gut, dass ihr noch da seid"

"Die Zeiten sind schwieriger geworden", stellt Anne Becker fest, die ein Textilgeschäft hat. Ihre Kunden kommen zwar aus Enkirch und dem Umland, von Reil, Pünderich, Irmenach und auch aus Traben-Trarbach, doch in der Hauptsaison stellt sie stets höhere Umsätze durch die Urlauber fest. "Aber davon kann man nicht leben, es funktioniert nur, wenn auch die Einheimischen hier kaufen." Motorisiert sind viele, verlockend ist da die Fahrt zu größeren Geschäften. Dem vermeintlich preiswerteren Einkauf müssen Sprit und Zeit entgegen gesetzt werden, "und die vielen Dinge, die man eigentlich gar nicht kaufen wollte und dann doch besorgt hat", sagt Reinhard Georg. Wenn die Mosel aus dem Bett steigt und das Hochwasser Enkirch von anderen Orten abschneidet, sind die Einheimischen froh. "Wie gut, dass ihr noch da seid", hören dann die Geschäftsleute. Ob sie Enkirch auch in Zukunft mit ihrem vielfältigen Angebot bereichern, haben die Kunden selbst in der Hand.

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