In Enkirch kann man alt werden

ENKIRCH. "Schatzkammer rheinischen Fachwerkbaus" wird Enkirch genannt. Es gibt tatsächlich kaum ein zweites Dorf an der Mosel, das so reich ist an bestens erhaltenen Häusern aus dem 15. bis 18. Jahrhundert. Doch Enkirch ist kein Freilicht-Museum. Enkirch ist lebendig, und der Ort verfügt über eine sehr gute Infrastruktur.

Wie fast alle Dörfer an der Mosel, so ist auch Enkirch im Umbruch. Der Weinbau verliert an Bedeutung, viele Weinberge werden nicht mehr bewirtschaftet, die Einwohnerzahl ist in den vergangenen Jahrzehnten zurückgegangen. In seiner Blütezeit hatte Enkirch 2400 Einwohner, heute sind es noch 1800. Es gibt viele Gründe für diese Entwicklung. Die Familien sind kleiner geworden, in zahlreichen Häusern im Ortskern wohnen nur zwei oder gar nur noch eine Person. Die Jugend zog und zieht es immer noch in Regionen, wo sie eine qualifizierte Arbeit findet. Bald stehen viele alte Häuser leer

Dörfer und Städte, die - wie zum Beispiel Wittlich - dichter an Industriestandorten liegen, sind hingegen in den vergangenen Jahrzehnten gewachsen. Enkirch verlor auch deshalb Einwohner, weil es dort in der Vergangenheit zu wenige Bauplätze gab. Zurzeit ist die Gemeinde dabei, das Baugebiet "Fieber" zu erschließen, über 20 Baugrundstücke werden dort zur Verfügung stehen. Noch sind die meisten Häuser im alten Ortskern bewohnt, doch schon in naher Zukunft werden viele alte und renovierungsbedürftige Häuser leer stehen, wenn sich niemand findet, der viel Geld und Idealismus investiert. Dabei hat Enkirch vieles, was andere Dörfer dieser Größenordnung nicht mehr haben. "Es ist ein Ort, wo man alt werden kann", sagt ein Enkircher, der sich nicht vorstellen kann, woanders zu leben. In Enkirch fehlt es an nichts. Die örtliche Infrastruktur ist beispielhaft; alles, was man für das tägliche Leben braucht, ist vorhanden. Zwei Lebensmittelgeschäfte, zwei Bäckereien, zwei Metzger, zwei Textilgeschäfte, zwei Ärzte, eine Apotheke, ein Schreibwarenladen, ein Blumenladen, zwei Bankfilialen, eine Postagentur - das Angebot ist nicht schlechter als in einer Kleinstadt. Dass diese Geschäfte über die Runden kommen, hängt auch mit dem großen Wohnmobilstellplatz am Moselufer zusammen. Rund 40 000 Wohnmobilisten kommen Jahr für Jahr nach Enkirch. Sie kaufen dort ein, besuchen Gaststätten und Straußwirtschaften und lassen so, neben der Gebühr, die sie zahlen, manchen Euro in der Gemeinde. Wichtig für die einheimische Bevölkerung: In Enkirch gibt es einen Kindergarten und die Grundschule. Die Gewerbebetriebe werden fast alle als kleine Familienbetriebe geführt. Elektriker, Heizungsbauer, zwei Autohändler mit Werkstätten, ein Schreiner, ein Baumarkt, ein Kellereiartikelfachhandel und ein Flaschenreinigungsbetrieb prägen das Enkircher Gewerbe. Viele Enkircher müssen früh morgens den Ort verlassen, um zur Arbeit zu kommen. In Traben-Trarbach, wo es drei größere Firmen und die Bundeswehr gibt, arbeiten Enkircher ebenso wie in Wittlich oder in Trier. Vereine verwöhnen die Touristen

Das Vereinsleben ist rege und intakt, die Vereine sind es auch. Sie richten während des Jahres zahlreiche Veranstaltungen für die vielen Touristen aus. Heimatabende, Konzerte und Feste, wie jetzt am Wochenende das Pfingstweinfest, werden von den örtlichen Vereinen bestritten. Allerdings fehlt vielen Vereinen - wie auch andernorts - der Nachwuchs: Die Jugendlichen wollen sich nicht mehr fest binden, oder sie gehen anderen Interessen nach. Touristenattraktionen sind neben dem historischen Ortskern das Heimatstuben- und das Schnapsmuseum. Mit Gasthäusern, Restaurants, Straußwirtschaften, Hotels, Ferienwohnungen und zahlreichen Privatzimmern ist Enkirch sehr gut bestückt. Eine Besonderheit in Enkirch ist die landwirtschaftliche Betriebsgenossenschaft. 96 Genossenschaftsmitglieder teilen sich einen 200-Hektar-Betrieb, der sich auf die Saatgutproduktion spezialisiert hat. Liebe Leserinnen und Leser. Wie könnte Enkirch im Jahr 2020 aussehen? Bitte senden Sie uns Ihre Vision zur Zukunft des Ortes möglichst kurzgefasst bis Dienstag, 17. Mai, per E-Mail an w.simon@volksfreund.de oder per Fax 06541/839229.

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